NMS Villach Lind
22.10.2020Executive Summary
Die Stadt Villach hat einen Um-, Rückbau sowie thermische Gesamtsanierung beider in den 1960er Jahren errichteten Neuen Mittelschule Villach Lind vorgenommen. Im Erdgeschoß war neben dem Haupteigang die Schulwartloge angeordnet, die direkt an das zentrale Foyer angrenzte. Der östliche Flügel beinhaltet den Speisesaal, die Aula und den Multifunktionsraum. Südlich vorgelagert war eine durchgehende Terrasse, die mit einem leichten Vordach überdeckt war. Im westlichen Flügel waren die Bibliothek sowie die Ganztagesschulräume angeordnet.
Es wurde der südlich gelegene Eingangszubau abgebrochen, um die südliche Freifläche freizuspielen. Der unter dem bestehenden Eingangsbereich gelegene Bewegungsraum blieb in seiner Funktion erhalten. Die Decke über dem Bewegungsraum wurde abgebrochen und durch eine Hohldielendecke ersetzt. Über dem Bewegungsraum wurde ein mit Betonplatten gepflasterter Bereich, der mit insgesamt 8 Lichtkuppeln ausgestattet ist ausgeführt. Über eine breite Rampe gelangt man zum zentral gelegenen Haupteingang. Die Zentralgarderobe, die sich im Untergeschoss befindet, wir über eine überdachte Außentreppe erreicht.
Im 1. Obergeschoß sind im Westen die Räumlichkeiten des Lehrkörpers und ein EDV-Raum situiert. Der östliche Teil ist mit dem Physik-Chemie-Raum, den Time-Out Räumen, ein Sozial/Arztraum sowie ein Gruppenraum ausgeführt. Im 2. und 3. Obergeschoß sind in beiden Flügeln je 3 Klassenräume und je ein außenliegender Gruppenraum errichtet worden. Die Gesamthöhe des Gebäudes blieb durch die Umbaumaßnahmen identisch.
Die Brutto-Grundfläche des konditionierten Bestandsgebäudes belief sich auf insgesamt 6.207 m², nach nun erfolgter Sanierung auf insgesamt 6.127 m².
Die Gesamtsanierung umfasste neben der thermischen Sanierung inklusive Verschattung und Lüftung mit Wärmerückgewinnung auch eine Optimierung des Beleuchtungssystems sowie die Errichtung einer PV-Anlage.
Ausgangszustand
Eigentümer/ Betreiber:
- Stadt Villach
- Rathausplatz 1, 9500 Villach
Ansprechpartner / Kontaktpersonen:
- Herr Ing. Markus Guttenbrunner
Architekt:
- ARGE OKAI
- Berg 98, 9771 Berg im Drautal
- Arch. DI Stefan Thalmann
- Arch. DI Werner Thurner
Standort:
- Rudolf-Kattnigg-Straße 4, 9500 Villach
Gebäudetyp:
- Schule – Neue Mittelschule
Errichtungsjahr Bestandsgebäude:
- 1965
Größe (BGF):
- vor Sanierung: 6.207 m²
- nach Sanierung: 6.127 m²
Zustand/ Ausstattung Bestand:
- Sanierungsbedürftiger Zweckbau in Stahlbetonskelett-Bauweise. Die Ausstattungen, Möbel, sanitären Einheiten etc. entsprechen nicht mehr einen heutigen Standard.
Motiv für die Sanierung
Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:
- Hintergrund der Sanierung war die schlechte Energiebilanz des Bestandgebäudes sowie die Unterbringung von zeitgemäßen Funktionen des Schulgebäudes welches in den 60-er Jahren errichtet wurde.
- Die bestehenden E + HLS Anlagen hatten Ihre technische Lebensdauer erreicht und entsprachen nicht mehr dem Stand der Technik. Aufgrund des Anlagenalter war ein kostengünstiger Betrieb der Anlage nicht mehr möglich und Energieeinsparungsmaßnahmen konnten nicht umgesetzt werden. Die Häufigkeit der Wartungsintervalle und damit die Kosten für den
- Betrieb und der Wartung waren sehr hoch, die Ersatzteilhaltung aufgrund des Alters der Anlagenteile war oft nicht mehr möglich.
- Hintergrund der Sanierung war die schlechte Energiebilanz des Bestandgebäudes sowie die Unterbringung von zeitgemäßen
- Durch die Erneuerung der E + HLS Anlage wurden moderne Anlagenteile eingebaut, welche sich positiv auf die Kostenpunkte Betrieb, Wartung und Instandhaltung auswirken sollen. Alle E + HLS Maßnahmen wirken nur in Verbindung mit den geplanten baulichen Maßnahmen (Reduktion des Wärmeverlustes des Gebäudes) und sind als Ergänzungen anzusehen.
Ziele
Wünsche / Ziele Bauherr Ökologie/ Energieeffizienz/ Komfort:
- Im Zuge der Sanierung wurde die gesamte HKLS Anlage des Objektes erneuert. Ebenso wurde eine Gebäudeleittechnik errichtet, welche auf die übergeordnete GLT der Stadt Villach aufgeschaltet wurde. In diesem Zuge wurde auch ein Energieverbrauchsmonitoring umgesetzt.
Ziele Planer:
- Laut dem Energieausweis wurde das Dach als Warmdach mit Bitumenabdichtung und EPS W 30 Dämmung 16-32 cm saniert. Die Außenwand wurde zur bestehenden WDVS Fassade mit 5cm EPS mit zusätzlich 15cm Mineralwolle saniert. An der südseitigen Fassade wurde über 2 Geschosse eine hinterlüftete Holzfassade mit 20cm Mineralwolle ausgeführt. Die Kellerwände wurden mit Polymerbitumenbahnen versehen und mit 16cm XPS Dämmung gedämmt. Der erdanliegende Fußboden hat folgenden Aufbau erhalten: 15cm Unterbeton, Bitumenabdichtung 2-lagig, Wärmedämmschüttung 8cm, XPS Dämmung 6cm. Die Fenster und Außentüren sind mit Aluminiumfenster mit 3-fach Verglasung bzw. Aluminiumportalen ausgeführt worden. Der Gymnastikraumboden wurde feuchtigkeitsisoliert und mit 8cm Steinothan 107 gedämmt. Das Flachdach wurde als Warmdach mit EPS W 30 Gefälledämmung im Mittel 16cm aufgebaut. Die Außenwand wurde feuchtigkeitsisoliert und mit 16cm XPS-Platten gedämmt.
Maßnahmen
Gebäudehülle
Bauteilaufbauten:
- Das Gebäude wurde vorwiegend durch das Aufbringen einer 20 cm Mineralwolldämmung an den Außenwänden (hinterlüftete Fassade aus Holz bzw. Holzwerkstoffplatten), durch Dämmung des Daches mittels 24 cm EPS-Platten, sowie den Austausch der Fenster (Holz-Aluminiumfenster mit 3-fach Verglasungen) saniert. Das Flachdach wurde als Warmdach mit Gefälledämmung ausgebildet.
Baustoffe:
- Holzwolle Leichtbauplatte, Stahlbetonrippendecke für Dachaufbau
- WDVS-System für Wandaufbau
Fensterqualität:
- Holzaluminiumfenster 3-fach verglast
Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:
- Lt. Bauphysiker, Büro Dr. Steiner (A-9300 St. Veit an der Glan, Kirchplatz3)
Luftdichtigkeitskonzept:
- Lt. Bauphysiker, Büro Dr. Steiner (A-9300 St. Veit an der Glan, Kirchplatz3)
Haustechnik
Heizung:
- Die Bereitstellung der Raumwärme und des Warmwassers erfolgt über den bestehenden fossilen Fernwärmeanschluss. Für die Raumheizung sind Radiatoren ausgeführt.
Kühlung:
- Als Verschattungssystem und zur Reduzierung des Kühlbedarfes wurden außenliegende Sonnenschutzelemente installiert. Der Einsatz einer aktiven Kühlung (Kälteanlage) wurde nicht vorgesehen.
Lüftung:
- Es wurde eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert.
Sanitär:
- Die Warmwasserbereitung erfolgt gebäudezentral und ist kombiniert mit der Raumheizung.
Elektrik:
- Durch die Photovoltaik-Anlage mit einer Modulfläche von rund 125 m², einer Peakleistung von 19,76 kWp, und einer jährlichen Stromlieferung von zirka 26,48 MWh sollte der wesentliche Anteil des Strombedarfs des sanierten Gebäudes abdeckt werden.
Regelungstechnik:
- Es wurden, folgende Bereiche, an das Energieverbrauchsmonitoring aufgeschlossen:
- Heizungsanlage (Fernwärmeübergabestation)
- Warmwasserbereitung (Frischwassermodul)
- Gebäudeteile mittels Subzähler
- Strombedarf Gebäude (seitens E-Planer)
- Photovoltaik (seitens E-Planer)
- Thermische Solaranlage (wird nur vorbereitend ausgeführt)
- Lüftungsanlagen
PV-Anlage:
- Es wurde eine Photovoltaik-Anlage mit einer Modulfläche von rund 125 m² und einer Peakleistung von 19,76 kWp errichtet, welche jährlich zirka 26,48 MWh an Strom liefern wird und somit einen wesentlichen Anteil des Strombedarfs des sanierten Gebäudes abdecken wird.
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:
- Die Gebäudehülle wurde gedämmt.
- Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wurde ausgeführt.
- Die Beleuchtung wurde im Zuge der Sanierung auf eine effiziente und regelbare LED-Beleuchtung umgestellt.
Abwärmenutzung:
- Die Wärme der Abluft wird mit einem Wärmetauscher im Lüftungsgerät zurückgewonnen und der Zuluft zugeführt.
Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:
- Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen ist gegeben durch eine PV- Anlage mit einer Modulfläche von rund 125m²
Ergebnisse
Kennzahlen
Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.
Heizwärmebedarf/ vorher:
- 87,9 kWh/(m³a)
- bzw. 100,2 kWh/(m²a)
Heizwärmebedarf/ nachher:
- 24,4 kWh/(m³a)
- bzw. 27,8 kWh/(m²a)
Kühlbedarf/ vorher:
- 20,0 kWh/(m³a)
Kühlbedarf/ nachher:
- 25,9 kWh/(m³a)
Folgende Werte gelten für das sanierte Gebäude:
Spezifische Heizlast:
- Vorher: 413,2 kW, entspricht 66,57 W/(m²BGF) bei BGF von 6.207 m ²
- Nachher: 239,0 kW, entspricht 39,0 W/(m²BGF) bei BGF von 6.127 m²
Erwartete CO2 – Einsparung:
- 140,52 t/a, Reduktion: 70%
Kosten
Investitionskosten:
- Summe umweltrelevante Investitionskosten: € 1.967.913,00
Einsparungen im Betrieb:
- Der jährliche Heizwärmebedarf betrug vor der Sanierung für das Gebäude 592.244 kWh/a und wird durch die
- Sanierung auf 146.742 kWh/a gesenkt werden. Der Gesamtstrombedarf reduziert sich von rund 71,7 MWh auf zirka 58 MWh für das sanierte Gesamtgebäude und wird zukünftig mit der PV-Anlage und durch Ökostrom gedeckt. Der zukünftige Wärmebedarf wird mit Fernwärme abgedeckt.
- In Summe wird eine Reduktion der CO2-Emissionen von 141 Tonnen pro Jahr erzielt werden können.
Förderungen:
- Insgesamt wurden umweltrelevante Investitionskosten in der Höhe von 2.321.012 Euro zur Förderung beantragt. Nach Abzug der nicht förderungsfähigen Kosten (z.B. Wärmeverteilung) verbleiben umweltrelevante Investitionskosten in einer Höhe von 1.967.913 Euro. Diese teilen sich auf in 1.528.083 Euro für die thermisch-energetische Sanierung (Thermische Gebäudesanierung inkl. Lüftung und Verschattung), 372.826 Euro für die effiziente Energienutzung (Beleuchtungs- und Regelungsoptimierung), 30.900 Euro für das Energieverbrauchs-Monitoringsystem, und 36.104 Euro für die PV-Anlage.
- Unter Berücksichtigung der Kapazitätsausweitung errechnet sich eine voraussichtliche Förderung von 765.299 Euro.
Kosten je m2 BGF:
- Rund 1.500,00 EUR Netto/m²
Persönliche Erfahrungen
Herausforderungen und Schlussfolgerungen:
- Aus elektrotechnischer Sicht stellten sich beim Projekt NMS Lind folgende Herausforderungen als auch Schlussfolgerungen:
- Ein Abgleich zwischen den technischen Vorgaben und Möglichkeiten durch die Musterhaussanierung mit den Anforderungen der Nutzer in der Konzeptionsphase ist sehr wichtig. Vielfach muss ein
Mittelweg zwischen technischen Möglichkeiten und Usability für die Nutzer gefunden werden. - Um ein ganzheitliches Bild zu bekommen, ist es wichtig auch den Energieverbrauch in der Umbauphase und bei eventuell benötigten Ersatzquartieren zu betrachten. Bei der NMS Lind musste teilweise ein Containerausweichquartier genutzt und auch die Baustelle aufgrund des engen Zeitplans beheizt werden.
- Ein wesentlicher Punkt aus unserer Sicht ist auch die konsequente Inbetriebnahme und „Einregelung“ des Gebäudes, einhergehend mit den ausführlichen Unterweisungen der Technik für die Nutzer. Nur durch eine richtige Nutzung der handelnden Personen mit der damit verbunden korrekten Anwendung der Technik, lässt eine Entfaltung der Maßnahmen aus der Mustersanierung zu.
- Ein Abgleich zwischen den technischen Vorgaben und Möglichkeiten durch die Musterhaussanierung mit den Anforderungen der Nutzer in der Konzeptionsphase ist sehr wichtig. Vielfach muss ein
- Nach erfolgter Sanierung gibt es dazu aus haustechnischer Sicht folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen:
- Um die eindeutige Zuordnung der Energie- und Verbrauchszähler sicherzustellen war eine aufwändige Trennung und Neuzuordnung der Hardware Komponenten ( Verrohrung usw…) notwendig.
- Es wird empfohlen, die Einregulierungs- und Testphase zeitlich zu verlängern, um möglichst fehlerfrei in den Echtbetrieb zu starten.
- Um ein aussagekräftiges Monitoring durchzuführen ist ein qualitatives hochwertiges Monitoringprogramm notwendig. Wir verwenden das Programm : SIMATIC Energy Manager PRO V7
- Um die Datenmenge auf einen sinnvollen, überschaubaren Umfang einzugrenzen, sind bereits im Vorfeld die genauen Erwartungen an das Monitoring definitiv festzulegen.
- Um die Konsequenzen aus dem Monitoring optimal umsetzen zu können, ist es wichtig den vor Ort verantwortlichen Gebäudemanager früh mit ins Boot zu bekommen und ihn für die Aufgabe zu begeistern.
- Nach erfolgter Sanierung gibt es dazu seitens Arch. und Bauherr folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen:
- Um die Mustersanierung effizient abwickeln zu können, sind die betroffenen Gebäudeteile in der Planungs- und Ausschreibungsphase exakt abzugrenzen. Die förderfähigen Kosten sind am Besten in Oberleistungsgruppen auszuschreiben, um eine klare Differenzierung zu erreichen. Die Kosten für den AG und den Förderungsgeber sind dadurch transparent ersichtlich. Exakte Einbaudetails für Decken und Fensteranschlüsse etc. erhöhen die Chance erheblich den Blower Door Test positiv zu bestehen. Die Mehraufwände für Planung, Ausschreibung und Abrechnung sind beträchtlich und müssen klar dargestellt und mitberücksichtigt werden. Für vorgehängte Fassaden ist die Abgrenzung der förderfähigen Kosten nur so möglich, dass die gesamte Fassade im LV zergliedert wird. Man ist dabei aber nicht vor Spekulationspreisen innerhalb des Fassadenaufbaues gefeit.
Hindernisse im Planungsprozess/ Empfehlungen:
- Nach der nun erfolgten Sanierung wird das Gebäude dem zeitgemäßen Standard und der Funktionalität einer Neuen Mittelschule entsprechen. Die Außenhülle wurde unter den Gesichtspunkten der thermischen Sanierung nach den Vorgaben der Mustersanierung adaptiert.
- HLS:
- Aufgrund der ausgeführten Maßnahmen im Bereich HLS und MSR wurden die HLS Anlagen auf den Stand der Technik herangeführt, in Bezug auf Betrieb, Wartung und Instandhaltung ist mit einer wesentlichen Kosteneinsparung zu rechnen. Die Nutzerfreundlichkeit und die Behaglichkeit wurden positiv beeinflusst und verbessert.