Volksschule und Kindergarten Bütze Wolfurt
21.10.2020Executive Summary
Die benachbarten Gebäude des Kindergartens und der Volksschule in Wolfurt entsprechen nicht mehr den räumlichen, pädagogischen und technischen Anforderungen einer zukunftsorientierten Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtung. Der Kindergarten und die Schule wurden 1966 gemeinsam errichtet, die Volksschule 1991 um den Turnsaaltrakt mit 4 weiteren Klassen erweitert.
Die vertikale Außenhaut des Bauteils des Jahres 1960 wurde im unterirdischen Bereich bis Unterkante Fundament von außen abgedichtet und mit 14 cm XPS gedämmt. Der oberirdische Bereich wurde in der Zone über dem Sockel mit 18 cm Mineralwolle gedämmt und mit einem vorgehängten Putzsystem verkleidet. Das Dach wurde mit durchschnittlich 30 cm EPS im Gefälle gedämmt. Der oberirdische Bestandsbau aus dem Jahr 1991 musste aufgrund massiver Bauschäden abgebrochen werden. Der in WU-Beton ausgebildete Keller konnte erhalten bleiben.
Die Fenster wurden in 3-fach Verglasung mit Holz-Alu-Rahmen ausgeführt.
Die umfassende und nachhaltige Sanierung entspricht dem klimaaktiv Gold Standard.
Das Gebäude wurde mit einer Komfort – Lüftungsanlage ausgestattet. Die verbrauchte mit CO2 angereicherte Atemluft (>1000ppm) wird über einen Wärmetauscher geleitet und wärmt die aus dem Außenbereich angesaugte Frischluft vor.
Zur Anlagenoptimierung wurde eine Mess-, Steuer- und Regelungstechnik installiert. Die Luftregelung erfolgt mittels CO2 – Fühlern.
Auszeichnungen/Zertifizierungen/Preise
- Klimaaktiv „Gold Standard“ für Neubauteil, 917 von 1000 möglichen Punkten, entspricht damit dem österreichischen Qualitätszeichen für nachhaltige Wohn- und Dienstleistungsgebäude – Link zur Gebäudedatenbank
- Klimaaktiv „Gold Standard“ für Sanierungsanteil, 952 von 1000 möglichen Punkten, entspricht damit dem österreichischen Qualitätszeichen für nachhaltige Wohn- und Dienstleistungsgebäude – Link zur Gebäudedatenbank
- Beim Kommunalgebäudeausweis Vorarlberg 2016 werden für Neu- und Sanierungsbauten die Prozess- und Planungsqualitäten, Energie und Versorgung, Gesundheit und Komfort sowie Baustoffe und Konstruktion von Kommunalgebäuden bewertet.
- Kommunaler Gebäudeausweis für Neubauteil, 945 von 1000 möglichen Punkten
- Kommunaler Gebäudeausweis für Sanierungsanteil, 992 von 1000 möglichen Punkten
- Qualitätsgeprüftes Passivhaus
Ausgangszustand
Eigentümer/ Betreiber:
- Marktgemeinde Wolfurt
- Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG
Ansprechpartner / Kontaktpersonen:
- DI Jutta Nenning
Generalplaner:
- Schenker Salvi Weber Architekten ZT GmbH
- www.schenkersalviweber.com
Standort:
- Montfortstraße 12
- 6922 Wolfurt
Gebäudetyp:
- Volksschule
Errichtungsjahr Bestandsgebäude:
- Altbau 1960, Zubau 1991
Größe (BGF):
- 4.985 m² durch Abbruch Sanierung auf 3.403 m² reduziert
Zustand/ Ausstattung Bestand:
- Dreigeschoßiges Gebäude
Motiv für die Sanierung
Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:
- Der Bestand entspricht nicht mehr den räumlichen, pädagogischen und technischen Anforderungen einer zukunftsorienierten Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtung. Größerer Platzbedarf, da höherer Bedarf an Kleinkinderbetreuung. Bestand weist bauliche Mängel auf. Die Dächer sind zum Teil undicht, Bestand weist schlechte Energiebilanz auf.
Ziele
Ziele und Wünsche des Bauherrn:
- zukünftig soll sowohl im Kindergarten, als auch in der Volksschule eine Ganztagesbetreuung unter möglichst optimalen Bedingungen angeboten werden.
- Der Kindergarten wird in den Schulgebäudekomplex integriert, um den Flächenbedarf so gering wie möglich zu halen und um Synergien zu schaffen
- Umstieg von Erdgas auf erneuerbare Energie
- Förderung der sanften Mobilität, Einrichtung von E-Parkplätzen mit Ladestationenen, E-bike Ladestationenen und überdachte Fahrradabstellplätze
- Das Gebäude wird nach KGA-Standard errichtet und wird somit ökologisch gebaut: Minimierung des Schadstoff- und Chemikalieneinsatzes während des Baues und des Betriebes. Dadurch soll ein angenehmens und gesundes Arbeitsklima für Kinder, Schüler und PädagogInnen geschaffen werden.
- weiteres Vorzeigeobjekt und Beitrag für das Klimaziel 2050 des Landes Vorarlberg durch thermische Sanierung schaffen.
Maßnahmen
Gebäudehülle
Bauteilaufbauten lt. Energieausweis:
- Dachdämmung 28-30cm, auf Stahlbetondach Bestand, U-Wert 0,12 W/m²K
- Außenwanddämmung 21cm, auf Stahlbetonwand Bestand, U-Wert 0,18 W/m²K
- Außenwanddämmung 14cm, erdberührt Bestand, U-Wert 0,25 W/m²K
Baustoffe lt. Energieausweis:
- Mineralwolle, Zellulose, Holzfaser ‐ Fassade
- EPS Plus – Flachdach
- XPS – erdanliegende Wand, erdanliegender Fußboden
Fensterqualität lt. Energieausweis:
- Ersatz der bestehenden Fenster durch Holz-Alu‐Fenster mit 3-Scheiben-Verglasung, U‐Wert von 0,81 W/m²K
Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:
- Reduktion der Wärmebrücken des Bestandsgebäudes durch Erhöhung der Dämmstärken der Außenbauteile
Haustechnik
Angaben lt. Energieausweis
Heizung:
- Umstellung der bestehenden Gas-Heizung auf eine Grundwasser-Wärmepumpe (150 kW)
Kühlung:
- Weiters wurde gegen die sommerliche Überhitzung ein Teil des Flachdaches als Gründach (extensive Begrünung) ausgeführt.
Lüftung:
- kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung
Warmwasser:
- zentral gemeinsam mit der Grundwasser-Wärmepumpe
Elektrik:
- Beleuchtung: das gesamte Gebäude sowie der gesamte Außenbereich wurden durchgehend mit energiesparender LED Beleuchtung ausgestattet. Zusätzlich wird die Beleuchtung in den Klassen und Haupträumen mittels automatischer Tageslichtsteuerung und Bewegungsmeldern gesteuert.
Regelungstechnik:
- Lüftung, Heizung, Sonnenschutz und Beleuchtung werden zur Anlagenoptimierung zentral über die Gebäudeleittechnik gesteuert und aufeinander abgestimmt.
Solaranlage:
- Zur Nutzung der Sonnenenergie wurde eine PV-Anlage mit 95 Modulen mit einer Gesamtleistung von 25,65 kWp installiert.
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:
- Um Fehler oder Mängel im Betrieb zu beheben bzw. u erkennen wurde ein Monitoring der Anlage ausgeführt. Das Datenmaterial gibt Aufschluss über Energieverbrauch, Temperatursteuerung und effiziente Betriebsführung. Ziel dieser Bewertung ist es, Maßnahmen zu dokumentieren, die ein Gebäude umfassend ‐ hinsichtlich Nutzerkomfort, Kosten und Umweltperformance optimieren.
Abwärmenutzung:
- Die Wärme der Abluft wird mit einem Wärmetauscher in den Lüftungsgeräten zurückgewonnen und der Zuluft zugeführt
Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:
- Installation einer PV-Anlage mit 95 Modulen auf dem Flachdach mit einem voraussichtlichen Ertrag von 15 – 20 MWh/a
Errichtung einer Erdwärme-Anlage für die Raumheizung und Warmwasserbereitung
Ergebnisse
Kennzahlen
Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.
Heizwärmebedarf/ vorher.
- 55,6 kWh/m³a Referenzklima
- 58,8 kWh/m³a Standortklima
Heizwärmebedarf/ nachher :
- 2,1 kWh/m³a Referenzklima
- 2,1 kWh/m³a Standortklima
Kühlbedarf/ vorher:
- 0,3 kWh/m³a
Kühlbedarf/ nachher:
- 0,01 kWh/³a
Folgende Werte gelten für das sanierte Gebäude:
Erwartete CO2 – Einsparung:
- 246,12 t/a
Kosten
Investitionskosten:
- Beantragte Investitionskosten: € 12.424.825,- Gesamtinvestitionskosten Generalsanierung und ErweiterungGesamtkosten: 13.000.000,-
Einsparungen im Betrieb:
- folgt nach Abrechung
Förderungen:
- Beantragte Investitionskosten: € 12.424.825,-
- Umweltrelevante Investitionskosten: € 4.023.000 ,-
- Förderbasis: € folgt nach Abrechung
- Förderhöhe: € 800.000,-
Kosten je m2 BGF:
- BGF für Generalsanierung und Erweiterung: 4.307,90 m²
- Kosten je m²: € 2.884,20
Performance
Messungen im Rahmen der Qualitätssicherung Herstellung:
- Tageslichtberechnungen / Simulation – um die ausreichende natürliche Belichtung von ständigen Aufenthaltsräumen zu gewährleisten (weniger künstliche Beleuchtung notwendig)
- Blower Door Test – Gebäudedichtheit
- Messung der Raumluftqualität als Qualitätssicherung zur Kontrolle der verbauten ökologischen Baustoffe
Dokumentation
Bauphase
Chronologie/ Bautagebuch:
- Planungsstart:
- Beginn der Projektgruppe: Herbst 2014
- Jurysitzung Wettbewerb: Oktober 2015
- Beauftragung Architekturbüro: Dezember 2015 – Planungsstart
- Baustart:
- April 2017
- Baufertigstellung:
- Bauetappe 1: September 2018
- Bauetappe 2: September 2019
Persönliche Erfahrungen
Bauphase
Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):
- Im Rahmen einer Projektgruppe, bestehend aus politischen Vertretern, der Gemeindeimmobilienabteilung und den zukünftigen Nutzern, wurden alle Anforderungen an das Projekt, das Raumprogramm und detaillierte Funktionsbeschreibungen erarbeitet
- fachliche Leitung der Projektgruppe durch Arch. Gerhard Zweier
- die frühe Einbindung der Nutzer ist sehr positiv, da dadurch optimale Planungsergebnisse erzielt werden können!
- Aufgrund der Projektgröße musste ein zweistufiger Wettbewerb (Bewerbungsverfahren) durchgeführt werden. Dieses Verfahren ist sehr kosten- und zeitintensiv. Der Vorteil eines Architektenwettbewerbes ist in jedem Fall aber, dass das beste Projekt ausgewählt werden konnte.
- Während der Wettbewerbsvorbereitung und bei der Vorprüfung der Projekte wurde großen Wert auf die Festlegung der ökologischen Ziele und der Überprüfbarkeit bereits in der Wettbewerbsphase gelegt.
- Während der Wettbewerbsvorbereitung gab es schon eine enge und wichtige Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Energieinstitut (Servicepaket nachhaltig bauen). Gemeinsam mit dem Energieinstitut wurden die ökologischen Standards fixiert – als Messinstrument wurde hier bereits der kommunale Gebäudeausweis herangezogen.
- Im Planungsprozess gibt es ebenfalls eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Fachplanern und dem Energieinstitut. Die Einhaltung der ökologischen Planungsziele werden mit Hilfe des kommunalen Gebäudeausweises laufend überprüft um bei Bedarf schnell reagieren und korrigieren zu können.
Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):
- der ursprüngliche Wettbewerbsentwurf musste nach der ersten Kostenschätzung nochmals überarbeitet werden, da es eine zu große Kostenüberschreitung gab. Durch die Überarbeitung des Projektes gab es nochmals thermische Verbesserungen (weniger Außenhülle) und Verbesserungen für die Instandhaltung (Reinigungs- und Unterhaltsflächen im Bereich der Veranda wurden stark minimiert). Unterm Strich hat das Projekt durch die Kubaturverkleinerung an Qualität gewonnen.
Empfehlungen:
- Die Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Energieinstitut war für eine erfolgreiche ökologische Planung und Projektumsetzung sehr gewinnbringend und für Gemeinden absolut empfehlenswert.
Nutzungskomfort/ Erfahrungen:
- Eine große Herausforderung für alle Beteiligten war, die Auflagen der Förderstelle, die Vorgaben der Bauherrschaft, die hohen Standards des Kommunalen Gebäudeausweises sowie die klimaaktiv GOLD-Kriterien realisieren zu können.
- Gleichzeitig musste der Kostenplan eingehalten werden. In zahlreichen Besprechungen wurden gemeinsam mit den Fachplanern die bestmöglichen Lösungen erarbeitet. Beispielsweise wurde das Projekt nach den ersten sieben Monaten intensiver Planung aus Kostengründen nochmals komplett überarbeitet und räumlich optimiert. Das Ergebnis besticht durch extreme Kompaktheit und Klarheit.
- Der Campus Bütze ist nicht nur eine Schule, sondern ein qualitativ hochwertiger „Wohnort“ geworden. Dank der ausgezeichneten Planung wurde ein helles, freundliches Wohlfühlhaus mit ansprechenden Räumen, unterschiedlichen Lern- und Begegnungszonen geschaffen.Die ökologische, nachhaltige und schadstofffreie Bauweise spiegelt sich in einem einzigartigen sowie angenehmem Raumklima wider. Die Nutzer und Bauherrschaft sind mit dem Projektergebnis rundum zufrieden, und bedanken sich bei der Förderstelle für die Gewährung der Fördergelder aus dem „Klima Energie Fonds“.