Raiffeisenbank, Lavamünd – Umgesetzt
27.10.2020Executive Summary
Das ursprüngliche Gebäude der Raiffeisenbank Lavamünd wird einer thermischen Sanierung unterzogen und aufgrund des gestiegenen Raumbedarfs erweitert.
Die Außenwände des Altbestands werden im Zuge der thermischen Sanierung mit 20 cm Dämmplatten aus Steinwolle versehen. Auch die oberste Geschossdecke wird mit Steinwolle gedämmt. Die bestehenden Fenster werden durch Verbundfenster aus Holz-Aluminium mit 3-fach Wärmeschutzglas ersetzt.
Eine Raumlufttechnikanlage mit 65 % Wärmerückgewinnungsgrad wird zur energetischen Gebäudeoptimierung eingebaut.
Die Wärmeversorgung wird vom bestehenden Heizölkessel auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe umgestellt. Ergänzend wird eine 80 m²- Photovoltaikanlage mit Nennleistung 12 kWp errichtet.
Zur Steigerung der elektrischen Energieeffizienz wird das Beleuchtungssystem optimiert, sowie die Warmwasseraufbereitung von einer Strom-Direktheizung auf einen dezentralen, mit Strom beheizten Kleinspeicher umgestellt. In Summe kann der Strombedarf gegenüber dem Bestandsgebäude um ca. 9 MWh/a gesenkt werden. Der verbleibende Strombedarf soll über Ökostrom aus dem Netz gedeckt werden.
Ausgangszustand
Gebäude
Eigentümer/ Betreiber:
- Raiffeisenbank Lavamünd
Ansprechpartner / Kontaktpersonen:
- Dir. Günther Stauber, MBA
Architekt:
- Generalplaner
- Studio 80 Planungsges. m. b. H.
- A- 8071 Haumannstätten, Teichweg 22
- Ansprechpartner: Ing. Bernd Tomanitsch
- Tel: 03135/47159
- office@studio80.at
- www.studio80.at
Techn. Planer:
- Technisches Büro
- Ansprechpartner: Ing. Bernhard Hammer GmbH
- Haushamerstraße 2, A-8054 Seiersberg
- Tel.:+43 316 67 68 08-0 Fax: -309
- office.graz@tbh.at
- www.tbh.at
Standort:
- 9473 Lavamünd 41
Gebäudetyp:
- Banken – Bankstelle
Errichtungsjahr Bestandsgebäude:
- 1978
Größe (BGF):
- 430 m² auf 755 m² erweitert, wegen des gestiegenen Raumbedarfs. Das BGV erhöht sich dabei von 1.207 m³ auf 2.112 m³.
Zustand/ Ausstattung Bestand:
- Das ungedämmte Gebäude mit einer Ölheizung verursacht hohe Kosten im Betrieb. Es gab nicht genug Arbeitsplatz für die Mitarbeiter, um den Kunden eine individuelle sowie adäquate Beratung zu geben. Außerdem waren die Beratungs- (aktive Räumlichkeiten) und Nachbearbeitungszonen (passive Räumlichkeiten) nicht voneinander getrennt. Dieser Umstand ist nicht mehr zeitgemäß und entsprach nicht den Vorstellungen des Förderwerbers.
Motiv der Sanierung
Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:
- Der gestiegene Platzbedarf, die hohen Betriebskosten und eine Kundenbetreuung und –beratung auf hohem Niveau waren die Hauptmotive der Sanierung. Ein Unternehmen im Dienstleistungs- / Bankensektor hat eine Vorreiterrolle in der Region. Das sekundäre Motiv war daher, ein Vorzeigeobjekt für Lavamünd und Umgebung zu schaffen.
Ziele
Vision
Wünsche / Ziele Bauherr Ökologie/ Energieeffizienz/ Komfort:
- Vorreiterrolle in der Region hinsichtlich Energietechnik und Mitarbeiterkomfort. Diese Botschaft „nach außen“ soll Folgewirkungen hervorrufen und PV, Pellets und anderen erneuerbaren Energietechnologien einen Innovationschub geben.
- Erweiterung des Gebäudes. Raum für Kundenveranstaltungen (vermietbar). Soll einen Ort der Kommunikation ergeben.
Ziele Planer:
- Ein Gebäude mit hohem natürlichem Lichtanteil schaffen, welches intuitiv den Kunden durch die Räumlichkeiten leitet (Der Kunde erkennt den Weg, aufgrund der Lichtgestaltung).
- Nachhaltig in natürliche und ökologische Baustoffe investieren.
Maßnahmen
Gebäudehülle
Bauteilaufbauten:
- Im Rahmen der geplanten Sanierung soll der Altbestand thermisch saniert werden.
- Außenwände bestehen aus 25-30 cm Ziegelmauerwerk und sind ungedämmt (U-Wert 1,24 W/m²K). Im Rahmen der Sanierung werden die Außenwände mit 20 cm des Dämmstoffs Fixrock gedämmt (U-Wert 0,15 W/m²K).
- Die oberste Geschossdecke (U-Wert 0,75 W/m²K) sowie die Decke des unbeheizten Kellers sind ebenfalls nicht gedämmt (U-Wert 1,24 W/m²K). Die oberste Geschoßdecke wird mit Steinwolle gedämmt (U-Wert 0,14 W/m²K)
Baustoffe:
- Steinwolleplatten zur Dämmung der thermischen Hülle.
Fensterqualität:
- Holz-Alu-Verbundfenster mit 3-fach Wärmeschutzverglasung
Luftdichtigkeitskonzept:
- Das Luftdichtigkeitskonzept wurde im Zuge der Sanierung verbessert. Mit dem Blower-Door-Test wurde ein Wert von 0,94 h-1 erreicht.
Haustechnik
Heizung:
- Das Heizsystem wurde von einem Heizölkessel auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe (JAZ: 4,45) umgestellt.
- Die Heizungsverteilung erfolgt über eine Niedertemperaturheizung ausgeführt als Fußboden- und Deckenheizung. Im Service-Bankbereich wurde darauf geachtet, dass die Mitarbeiter durch die Installation einer Heizdecke einen optimalen Raumkomfort erhalten. Anstelle der Fußbodenheizung kommt es durch die Heizdecke zu keiner Beeinträchtigung der Beine infolge von Venenbeschwerden.
Kühlung:
- Die Wärmepumpe wird zum Heizen als auch zum Kühlen verwendet und versorgt in der Kühlperiode die stille Deckenkühlung mit Kaltwasser.
- Eine Vorkühlung der Außenluft sorgt zusätzlich für Komfort und deckt einen Teil der Kühllast.
- Zur Deckung von höheren Kühllasten wurden in Server- und Besprechungsräumen konventionelle Klimasplitgeräte installiert.
Lüftung:
- Die Raumlufttechnikanlage hat einen Wärmerückgewinnungsgrad, beim erforderlichen Luftwechsel, von ca. 65%.
- Sie dient, durch die spezielle Lüftungsführung, auch als Stützlüftung zur Vermeidung von Kondensatbildung an der Kühldecke.
- Die Zulufteinbringung erfolgt über ein Gitterband im Fensterbereich. Eine großflächige Einbringung ermöglicht niedrige Luftgeschwindigkeiten (Luftwechsel = 1) und dadurch einen hohen Komfort. Die Abluft wird im Gang abgesaugt, wodurch eine kaskadische Luftnutzung möglich ist.
- Das WC wird durch gesonderte Abluftventilatoren extra belüftet um keine Geruchsbelästigung im Kundenbereich hervorzurufen.
Sanitär:
- Elektrische Untertischspeicher, unter den Waschbecken, mit einem Füllvermögen von 20 Litern, liefern punktgenau Warmwasser und ersparen Leitungsverluste bei geringem Verbrauch.
- Bei der Sanitärinstallation wurde vollständig auf PVC-freie Kunststoffrohre gesetzt.
Elektrik:
- Die Beleuchtungsstärke in lux wurde nach der ÖNORM 12464-1 ausgelegt. Um eine energieeffiziente Warmwasserbereitung zu ermöglichen, wurde von einer zentralen Strom-Direktheizung auf dezentrale kleine Untertischspeicher umgestellt. Die Verteilverluste fallen damit weg.
- Eine nachgeführte 80 m² Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 12 kWp liefert maximalen Ertrag bei geringen Mehrinvestitionskosten (€ 14.000.- nachgeführte Anlage ggü. € 12.000.- fix montierte Anlage für 5 kWp). Diese Anlage produziert Strom für den Eigenbedarf der Rest wird in das Netz der KELAG eingespeist.
- Eine Stromtankstelle steht den Elektrofahrradbenutzern zum kostenlosen Laden zur Verfügung.
Regelungstechnik:
- Zentrale Bus-Steuerung. Die Vorlauftemperatur der Heizungsanlage ist Außentemperaturgesteuert.
- Zur Einzelraumregelung werden Raumthermostate verwendet.
Solaranlage:
- Die Sonnenenergie wird durch eine nachgeführte PV-Anlage am Dach in Strom umgewandelt. Der nicht eigens genutzte Strom wird als Überschusseinspeisung an die KELAG geliefert.
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:
- Optimiertes BeleuchtungssystemHeizung: Außentemperaturgesteuert mit Einzelraumregelung
Abwärmenutzung:
- Die Wärme der Abluft wird mit einem Wärmetauscher im Lüftungsgerät zurückgewonnen und der Zuluft zugeführt. (mit einer WRG von 65%)
Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:
- PV-Anlage am DachBeheizung und Kühlung mittels Luft-Wasser-Wärmepumpe.
Besondere Lösungen:
- Das Gebäude ist sehr offen gestaltet. Ein Lichtbrunnen in Gangmitte bringt zusätzlich Tageslicht in die Räumlichkeiten. Ein hoher Tageslichtanteil bringt außerdem Komfort. Auch eine Reduktion der Stromkosten kann damit erreich werden. Im Sommer wird die Einstrahlung reduziert durch einen außen liegenden Raffstore.
- Energietankstelle für die Öffentlichkeit.
- Nachgeführte Photovoltaikanlage am Dach.
Ergebnisse
Kennzahlen
Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.
Heizwärmebedarf/ vorher:
- 63,31 kWh/(m³a)
- Bzw. lt. EA: 178 kWh/(m²a)
Heizwärmebedarf/ nachher:
- 10,23 kWh/(m³a)
- Bzw. lt. EA 29 kWh/(m²a)
Kühlbedarf/ vorher:
- 2,5 kWh/(m³a)
Kühlbedarf/ nachher:
- 0,66 kWh/(m³a)
Spezifische Heizlast:
- 41,05 W/(m²BGF) bei BGF von 755 m²
Spezifische Kühllast:
- 45,03 W/(m²BGF) bei BGF von 755 m²
Erwartete CO2- Einsparung:
- 80,58 t/a … -100%
Erwartete Kosteneinsparung im Betrieb:
- In 3 Jahren: € 44.096.-
Amortisationszeit:
- 8 Jahre
Kosten
Investitionskosten:
- Gesamte Investitionskosten: € 1.164.000,00 (inkl. MwSt)
- Beantragte Investitionskosten: € 383.735,00
- Umweltrelevante Investitionskosten: € 358.741,00
Einsparungen im Betrieb:
- Erwartete Einsparung an Brennstoff:
- durch die thermische Hülle des Gebäudes
- die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage und
- die Photovoltaikanlage am Dach.
- Stromeinsparungen:
- Beleuchtungsoptimierung
- Stille Kühldecke
- PV-Anlage
- Gesamte kalkulierte Energiekosteneinsparungen in 3 Jahren: € 44.096,00
Förderungen:
- Beantragte Investitionskosten: € 383.735,00
- Umweltrelevante Investitionskosten: € 358.741,00
- Förderbasis: € 314.645,00
- Förderungen: € 91.980,00 (bei Fördersatz von 29,23 %)
Kosten je m2 BGF:
- 1542 €/m²BGF
Performance
Messungen im Rahmen der Qualitätssicherung Herstellung:
- Blower-Door-Test (Luftdichtheitstest)
- n50 = 0,94 h-1
Dokumentation
Bauphase
Chronologie/ Bautagebuch:
- Baubeginn: Oktober 2011Zubau EG: Fertigstellung Rohbau und
- Außenabschlüsse bis Ende Dez. 2011
- Siedeln: kompletter Bankbetrieb Mitte Jan. 2012
- Altbestand Rohbau und Installationen: bis März 2012
- Innenputz — Estrich: April 2012
- Ausbauarbeiten: Mai / Juni 2012
- Möblierungen: Juli / August 2012
- Außenanlage: August 2012
Persönliche Erfahrungen
Planungs- und Bauphase
Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):
- Es gab keinerlei Schwierigkeiten mit Behörden; ganz im Gegenteil. Durch die Position von Lavamünd in einer wirtschaftlichen Randlage, gilt es Arbeitsplätze zu sichern und daher zogen alle an einem Strang – und waren dafür was zu tun.
- In dem vom Hochwasser 2012 schwer betroffenen Gebiet werden solche Sanierungsmaßnahmen begrüßt. Auch die Bank als Dienstleister trägt dazu bei, die Region nach dem Hochwasser wieder aufzubauen, und mit gezielten Maßnahmen/Unterstützungen den Einwohnern zur Seite zu stehen.
Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):
- Mit den Anrainern einigte man sich im Zuge der Photovoltaikinstallation auf einen Kompromiss. Die Gebäudekubatur wurde auf Wunsch der Anrainer angepasst.
Empfehlungen:
- Eine Unternehmensdiagnose zum Beginn des Vorhabens brachte wesentliche Aufschlüsse über die Anforderungen an Gebäude, Beratungsräumen, Klima, Einwohner, Finanzierung und grenzüberschreitende Aktivitäten (2-sprachige Mitarbeiter im Grenzbereich zu Slowenien).Workshops über 14 Tage dienten dem Planungsprozess insofern, dass Mitarbeiter, Funktionäre/Stakeholder aber auch Kunden aktiv in diesen miteinbezogen wurden und so ihren Teil zum neuen Gebäude beitragen konnten. Ideen zum verbesserten Bankbetrieb, zum Arbeitsplatzkomfort, zur Ausstattung, sowie viele weitere Vorstellungen konnten dadurch umgesetzt werden.
- Die RAIBA in Zug in der Schweiz brachte den Bauherrn auf die Idee: „Weg von offenen Lösungen, hin zu intimen Beratungsbereichen“. Kunden wird somit eine Beratung nach Bedarf ermöglicht. Die Beratung wird intimer und dadurch angenehmer für den Kunden.
- Die im Vorentwurf angefertigten Skizzen am Papier halfen im Planungsprozess allen Projektbeteiligten bei der Entscheidungsfindung.
- Von Beginn an Stakeholder, Behörden (Bürgermeister), Kunden und Mitarbeiter ins Boot holen und über den Grobentwurf informieren.
- Frühzeitige und genaue Überlegungen:
- Was braucht man wirklich?
- Welche Prozessabläufe im Gebäude soll es geben?
- Wie sieht die Organisation aus?
- Welchen Wohlfühlfaktor möchte ich erreichen?
- Was kann zur Energieoptimierung beitragen?
- Welche Rundungen/Erker können reduziert werden, um unternehmerisch zu Bauen und langfristig Zusatzkosten zu vermeiden.
- „Wenn alles klar“:
- An den Architekten herantreten
- Wünsche, Vorgaben, Vorstellungen vermitteln
- „Umso berühmter und renommierter ein Architekt ist, desto eher will er sich selbstverwirklichen.“ Jeder Bauherr muss für sich entscheiden, ob das für ihn passt.
Nutzung
Nutzungskomfort/ Erfahrungen:
- Die im Eingangsbereich und im Servicebereich wahrzunehmende Hintergrundmusik wirkt entspannend auf die Kunden und gibt Ihnen vor allem in der Nacht, z.B. beim Geldbeheben, ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit.Der offene und groß gestaltete Aufenthaltsbereich im Obergeschoss, die Dachterrasse, sowie die lichtdurchfluteten Gänge und Stiegenhäuser ermöglichen einen hohen Tageslichtanteil und führen zu einem sehr guten Arbeitsplatzkomfort für die Mitarbeiter. Investitionen in Feuerschutzrollos für Fenster in Brandschutzwänden, ermöglichen zusätzlichen Platz für Büroräumlichkeiten, wieder mit natürlicher Belichtung. Dem stehen allerdings hohe Kosten für Installation und Wartung gegenüber.
- Der offene Aufenthaltsbereich im Obergeschoss wird für Teambesprechungen genutzt und bildet einen Ort der Kommunikation.