Mittelschule, Bürs – Umgesetzt

22.10.2020
20140103 Schulgebaeude0002a

Executive Summary

Die gemeindeeigene Volks- und UNESCO- Mittelschule der Gemeinde Bürs in Vorarlberg wird einer umfassenden Sanierung unterzogen. Das Gebäude aus dem Jahre 1967 wird zum Teil abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Durch die getroffenen Maßnahmen wird Passivhausqualität erreicht.

Im Zuge der thermischen Sanierung wird die oberste Geschossdecke mit 20cm Fixrock, eine Fassadendämmplatte aus Steinwolle, sowie 2cm EPS gedämmt. In den restlichen Gebäudeteilen wird die Stahlbetondecke mit 31cm EPS gedämmt. Der erdanliegende Fußboden wird mit jeweils 14cm EPS sowie 3,5cm Heraklith gedämmt. Die bestehenden Fenster werden durch Holz-Alu-Rahmenfenster ersetzt.

Im Zuge der Sanierung wird in das Gebäude eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Das Lüftungsgerät entspricht den Anforderungen an den Passivhausstandard mit Wärmerückgewinnungsgrad 80%.

Die Wärme wird nach der Sanierung weiterhin von der örtlichen Fernwärme aus Biomasse geliefert. Ergänzend wird eine thermische Solaranlage auf Basis von Vakuum-Kollektoren mit einer Leistung von 60kW und einer Modulfläche von 85m² in einen 12.000 Liter fassenden Pufferspeicher einspeisen. Durch die wärmetechnische Sanierung kann der Fernwärmeanschluss von 240kW auf 30kW reduziert werden.

Zur Steigerung der Energieeffizienz bei Beleuchtung wird das bestehende Beleuchtungssystem gegen T5-Leuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten und einer intelligenten Gebäudeleittechnik getauscht. Der Stromverbrauch für die Beleuchtung kann durch diese Maßnahmen mehr als halbiert werden. Zusätzlich wird eine 126m²- Photovoltaikanlage mit einer Peak-Leistung von 30kW Strom für den Eigenbedarf produzieren. Dieser wird während der Schulbetriebs zu 100% selbst verbraucht und am Wochenende in das Netz eingespeist. Der verbleibende Strombedarf wird durch Ökostrombezug aus dem Netz gedeckt.

Ausgangszustand

Gebäude

Eigentümer/ Betreiber:

  • Gemeinde Bürs Immobilienverwaltungs GmbH & Co. KG

Ansprechpartner / Kontaktpersonen:

  • Ing. Elmar Matt

Architekt:

  • Arbeitsgemeinschaft Architekten
    • Wimmer-Armellini
    • Reichstraße 5, 6900 Bregenz
    • architekten@wimmer-armellini.at
  • A + ZT GmbH
    • Siegfried Esterl Gasse 14, 8160 Weiz
    • office@aplus-architekten.at

Techn. Planer:

  • HKLS:
    • Häusle SHK Plan GmbH
    • Marktplatz 10, 6800 Feldkirch
    • haeusle@shk-plan.com
  • Elektro:
    • Stadtwerke Feldkirch
    • Leusbündtweg 49, 6800 Feldkirch
    • kundencenter@stadtwerke-feldkirch.at

Standort:

  • Schulstraße 4, 6706 Bürs

Gebäudetyp:

  • Unesco Mittelschule Bürs

Errichtungsjahr Bestandsgebäude:

  • 1967

Größe (BGF):

  • 4699 m2

Zustand/ Ausstattung Bestand:

  • Das Gebäude aus den späten 60er- Jahren wurde den heutigen Anforderungen an eine moderne Schule nicht mehr gerecht. War in dieser Zeit der Frontalunterricht noch gang und gäbe, so bildet sich mehr und mehr der Unterricht zu einer offenen Form mit Ganztagesbetreuung bzw. interaktivem Lernen heraus. Die Raumsituation war nicht mehr ausreichend und zeitgemäß.

Motiv für die Sanierung

Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:

  • Der schlechte thermische Zustand des Gebäudes, die hohen Betriebskosten, der geringe Nutzerkomfort, das veraltete Raumangebot (in welches die modernen Unterrichtsformen nicht eingegliedert werden konnten), sowie die veraltete Gebäudetechnik machten eine Sanierung notwendig.

Ziele

Wünsche / Ziele Bauherr Ökologie/ Energieeffizienz/ Komfort:

  • Hoher Nutzerkomfort, um dem Lehrpersonal aber vor allem den Schülern optimale Umgebungsverhältnisse zu bieten
  • Raumkonzept verbessern
  • Hoher energetischer und ökologischer Standard des Gebäudes
  • Wirtschaftlichkeit der Gesamtlösung
  • Funktionalität der Gesamtlösung
  • Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen – von Errichtung, über Betrieb bis hin zum Abbruch des Gebäudes
  • Verwendung von natürlichen Ressourcen steht im Vordergrund, v.a. die Ressource Holz

Ziele Planer:

  • Die innovativen Ziele des Bauherrn in das Bestandsgebäude zu integrieren.
  • Einhalten der Passivhausbauweise, um den Energiebedarf gering zu halten.

Maßnahmen

Gebäudehülle

Bauteilaufbauten:

  • Im Zuge der thermischen Sanierung wurde die oberste Geschossdecke mit EPS gedämmt. Der erdanliegende Fußboden wird ebenfalls mit EPS gedämmt.
  • Die Außenwand, errichtet in Massivbauweise mit 30 cm starken Hochlochziegel, war ungedämmt und wurde mit Fixrock- Steinwolle Dämmplatten gedämmt. Dadurch reduziert sich der U-Wert von ehemals 1,01 W/(m²K) (Ziegel) bis 3,13 W/(m²K) (Stahlbeton) auf 0,14 – 0,20 W/(m²K).

Baustoffe:

  • Steinwolle und EPS zur Dämmung der Außenwände bzw. der obersten Geschossdecke.
  • EPS und Heraklith zur Dämmung des erdanliegenden Fußbodens.

Fensterqualität:

  • Holz-Alu-Wärmeschutzfenster (U-Wertverbesserung von 2,78-2,83 W/(m²K) auf 0,75-1,27 W/(m²K)).

Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:

  • Durch die Sanierung auf Passivhausstandard, wurden alle Anschlussdetails detailliert betrachtet. Diese flossen in die PHPP-Berechnung ein, in welcher das Gebäude durch integrale Planung einer Gesamtbetrachtung unterzogen wurde.

Luftdichtigkeitskonzept:

  • Die Luftdichtigkeit wurde im Zuge der Sanierung verbessert. Der abschließende Blower-Door-Test erbrachte einen Wert von 0,66 h-1.

Haustechnik

Heizung:

  • Die Versorgung des gesamten Gebäudes erfolgt, auch nach der Sanierung, mit Fernwärme aus dem örtlichen Nahwärmenetz. Seit dem Jahr 2001 betreibt die BIOMASSE-HEIZWERK G. m. b. H. Bürs ein Heizwerk mit Hackschnitzel um Gewerbebetriebe, private und kommunale Gebäude mit Wärme zu versorgen. Derzeit werden 21 Gebäude durch das Heizwerk versorgt.
  • Die projektierte Solaranlage soll in einem weiteren Bauabschnitt realisiert werden und neben der Warmwasserbereitung zur Heizungsunterstützung beitragen. Das nahe gelegene Sozialzentrum benötigt auch im Sommer Wärme. Diese Wärme soll durch die das bestehende Nahwärmnetz das Sozialzentrum versorgen.
  • Die Wärmeverteilung im Gebäude erfolgt durch Heizkörper, welche auf die Grundlastabdeckung dimensioniert worden sind. Die Spitzenlast bzw. die zusätzlich benötigte Heizlast wird über die Lüftungsanlage gedeckt.

Kühlung:

  • Durch die Nichtbenutzung der Schule in den heißen Sommermonaten wurde auf eine Kühlung verzichtet. Eine Nachtkühlung ist möglich.

Lüftung:

  • Die Lüftungsanlage weist einen Wärmerückgewinnungsgrad von 80% auf.Durch die Aufteilung der Luftmengen auf mehrere bedarfsangepasste, zentrale Lüftungsgeräte für die unterschiedlichen Gebäudebereiche konnte erreicht werden, dass Verteilverluste minimiert werden.
  • Durch diese zentralen Anlagen in Kombination mit einer C02-Steuerung wird erreicht, dass die Luftmenge bedarfsgerecht in die Unterrichtsräume eingebracht wird. Das führt zu Einsparungen im Betrieb.

Beschattung:

  • Durch die Beschattung ist eine optimale Tageslichtnutzung in Abhängigkeit zur Raumnutzung möglich.

Sanitär:

  • Im Bauabschnitt 03 werden die Sanitäranlagen des Turnsaals durch zentrale Pufferspeicher versorgt.
  • Die Puffer werden über eine Solarthermieanlage eingespeist.
  • Einzelne Anlagen werden durch dezentrale Untertischspeicher versorgt. Dies vermindert Verteilverluste.

Beleuchtung:

  • Elektronische Vorschaltgeräte mit T5-Energiespar-leuchten, einer zentralen Strom-Aus-Funktionalität sowie Präsenzmeldern senken den Beleuchtungsenergiebedarf.Die Beleuchtung im Gebäude wird über einen Tageslichtsensor gesteuert.
  • Das Notlicht kann in den Sommermonaten händisch abgeschaltet werden.

PV Anlage:

  • Eine 142,50 m² PV-Anlage mit einer Leistung von 22,95 kWp wird Strom für den Eigenbedarf produzieren. Durch den Schulbetrieb, meistens zu Zeiten der solaren Einstrahlung, wird ein hoher Eigennutzungsgrad erreicht. Der restliche Strombedarf wird über einen Ökostromanbieter gedeckt.

Regelungstechnik:

  • Die zentrale Bus-Steuerung ist ein Ethernet TCP/IP Netzwerk mit BACnet Bus. Die Daten können über Desigo insight V5 jederzeit ausgelesen und verändert werden. Bei Störungen oder zur Kontrolle kann der Gebäudewart über VPN oder einen DSL Router extern eingreifen.
  • Präsenzmelder in den Klassen- und Sonderräumen überwachen die Anwesenheit und geben die Informationen an die zentrale Leittechnik weiter. Diese werden gespeichert und sind jederzeit nachvollziehbar.
  • Auch der Hygieneluftfühler (CO2-Fühler) überträgt die Daten an die Regelungstechnik, welche abhängig von der Luftqualität im Raum die Lüftungsanlage bedient.

Solaranlage:

  • Eine 84 m² große Solarthermieanlage mit Röhrenkollektoren ist im BA03 geplant. Diese soll die Sanitäranlagen des Turnsaales mit Warmwasser versorgen, die Schule bei der Raumheizung unterstützen sowie bei einer Überschussproduktion über das bestehende Fernwärmenetz in die Warmwasserversorgung des nur 250m entfernten Sozialzentrums Bürs einspeisen.

Energieeffizienz

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:

  • CO2 gesteuerte Lüftungsanlage
  • Drehzahlgeregelte Heizungspumpen
  • Beleuchtungssystem: Präsenzmelder mit Bus-Anbindung
  • Außentemperatur gesteuert
  • Anlagenbetriebsarten
  • Schutzbetrieb
  • Komfortbetrieb
  • Frostbetrieb
  • ECO-Funktion

Abwärmenutzung:

  • Die Wärme der Abluft wird mit einem Wärmetauscher im Lüftungsgerät zurückgewonnen und der Zuluft zugeführt.

Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:

  • PV-Anlage
  • Solarthermieanlage geplant
  • Biomasse-Heizwerk
  • Hackschnitzel werden im Biomasse Heizwerk verbrannt und über ein Nahwärmenetz Gewerbebetriebe, Private und kommunale Gebäude mit Wärme versorgt.

Besondere Lösungen:

  • Durch die großzügige Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz ergibt sich ein angenehmes Raumklima.
  • Da das Gebäude in einer Gegend mit sich rasch ändernden Wetterverhältnissen liegt – der Fön sorgt für rasche Temperaturänderungen – entschied man sich bewusst gegen ein träges Heizungssystem. Eine Fußbodenheizung wurde somit in der Planungsphase ausgeschlossen.

Ergebnisse

Kennzahlen

Erklärung der Kennzahlen:

Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.

Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.

Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.

Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.

Heizwärmebedarf/ vorher:

  • 45,45 kWh/(m³a)
  • bzw. 153 kWh/(m²a) lt. Energieausweis

Heizwärmebedarf/ nachher:

  • 2,36 kWh/(m³a)
  • bzw. 8,3 kWh/(m²a) lt. Energieausweis

Kühlbedarf/ vorher:

  • 0,25 kWh/(m³a)

Kühlbedarf/ nachher:

  • 0,22 kWh/(m³a)

Spezifische Heizlast:

  • Lt. Energieausweis: 60,6 kW = 12,90 W/(m²BGF) bei BGF = 4.699 m²
  • Lt. ÖNORM EN 12831: 92,4 kW = 22,60 W/(m²A.n.beh) bei A.n.beh = 4084,4 m² (Beheizte Gebäudefläche)

Erwartete CO2- Einsparung:

  • 375,72 t/a … -100%
  • (berechnet über eingesparte Liter Öl, da die Schule bereits vor der Sanierung mit biogener Fernwärme des Biomasse Heizwerkes Bürs beheizt wurde)

Erwartete Kosteneinsparung im Betrieb:

  • In 3 Jahren: € 315.796,00

Kosten

Investitionskosten:

  • Gesamte Investitionskosten ca. € 8,7 Mio.
  • Beantragte Investitionskosten: € 2.091.955,00
  • Umweltrelevante Investitionskosten: € 2.064.201,00

Einsparungen im Betrieb:

  • Erwartete Einsparung an Brennstoff:
    • durch die thermische Hülle des Gebäudes
    • die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage und
    • die Photovoltaikanlage
  • Stromeinsparungen:
    • Beleuchtungsoptimierung
    • PV-Anlage
  • Gesamte kalkulierte Energiekosteneinsparungen in 3 Jahren: € 315.796,00

Förderungen:

  • Beantragte Investitionskosten: € 2.091.955,00
  • Umweltrelevante Investitionskosten: € 2.064.201,00
  • Förderbasis: € 1.748.405,00
  • Förderungen: € 589.326,00 (bei Fördersatz von 33,71 %)
  • Durch die Realisierung des Passivhaus-Standards sind 5% Zuschlag in dem Fördersatz berücksichtigt.

Kosten je m² BGF:

  • Ca. 1850 €/m² BGF

Performance

Messungen im Rahmen der Qualitätssicherung Herstellung:

  • Blower-Door-Test (Luftdichtheitstest)
  • n50 = 0,66 h-1

Dokumentation

Bauphase

Chronologie/ Bautagebuch:

  • Baustart: Sommer 2012
  • Weihnachten 2012: Rohbau fertig, parallel liefen der Ausbau der fertigen Rohbaugeschosse bereits an
  • Juni 2013: Umzug aus der Containerschule in die neue Schule
  • 09.09.2013 Schulbeginn in der neuen Schule

Persönliche Erfahrungen

Planungs- und Bauphase

Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):

  • Dadurch, dass die Anrainer im Behördenverfahren von Beginn an eingebunden waren, kam es zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten. Die Arbeitszeiten auf der Baustelle waren der am meisten diskutierte Punkt.

Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):

  • Der Gedanke des Bauökologen,auf ökologische Materialien zu setzen, musste bei allen Gewerken überprüft werden.

Empfehlungen:

  • Durch die rechtzeitige Einbindung der folgenden Interessensvertreter
    • Schulerhalterverband
    • Gemeindevertreter
    • Schule (Direktor und Lehrer)
  • konnte eine Umsetzung erreicht werden, welche die Wünsche aller Beteiligter zufriedenstellte.
  • Eine klare Formulierung der Wünsche und Ziele der Bauherrschaft war ebenfalls ein Erfolgsfaktor, sowie das rechtzeitige Festlegen des Raumprogramms.
  • Eine gute Zusammenarbeit mit einem Architekten, welcher stark auf die Userbedürfnisse eingeht – kombiniert mit einem wöchentlichen Jour Fixe führte zu einem erfolgreichen Projekt.
  • Ein gut durchdachter und detaillierterer Zeitplan, sowie in der Umsetzung versuchen diesen einzuhalten.
  • Sich über die möglichen Förderungen früh genug informieren. Eine österreichweite Förderplattform fehlt in diesem Belange allerdings.
  • Einfach austauschbare Komponenten verwenden und einen Lagerbestand anlegen. Im Reparaturfall kostet es weniger Geld, wenn Lagerbestand verwendet wird bzw. wenn nur einzelne Teile getauscht werden müssen. Als Beispiel sei die Fassade des Gebäudes angeführt. Es kann jede einzelne Platte für sich getauscht werden, da ein Klicksystem zum Fixieren dieser verwendet wurde.

Planung – Schema Energiekonzept & Energieausweise

Ihre Ansprechpartner

Kontakt Gemeinde Bürs Immobilienverwaltungs GmbH & CO. KG. http://www.buers.at/ https://ms-buers.vobs.at/home/ Ing. Elmar Matt ematt@buers.at Dorfplatz 5,
6706 Bürs