Fronius International GmbH, Wels – Umgesetzt
26.10.2020Executive Summary
Als die Firma Fronius den ehemaligen Industriestandort nahe des Welser Bahnhofs Ende der 1980er Jahre ankaufte, war die weltweite dynamische Aufwärtsentwicklung der Firmensparten noch nicht vorgezeichnet. Das Areal des ehemaligen Landmaschinenherstellers Epple-Buxbaum, bestehend aus Gebäuden der Baujahre 1910 und 1946, wurde erst fremdvermietet, bevor der Beschluss fiel, die weltweite Vertriebszentrale in den historischen Gemäuern unterzubringen. Prokurist Volker Lenzeder, für die Entwicklung des Standorts zuständiger Geschäftsführer, suchte über einen Wettbewerb ein Architektenteam und nahm sich ausreichend Zeit, die Energieeffizienz des Bauprojektes zu entwickeln. Unter dem Stichwort „Energieautonomie˝ wird die Energie zum Heizen, Kühlen, Lüften und Beleuchten von der eigenen Solarstromanlage gewonnen. Voraussetzung dafür ist die Minimierung des Heiz,- und vor allem des Kühlbedarfs, durch Verwendung von Passivhauskomponenten in der Sanierung.
Ausgangszustand
Eigentümer/ Betreiber:
- Fronius International GmbH
Ansprechpartner / Kontaktpersonen:
- Volker Lenzeder
Standort:
- A – 4600 Wels, Buxbaumstraße 2
Gebäudetyp:
- Gewerbe-/Bürogebäude
Errichtungsjahr Bestandsgebäude:
- 1900
Größe (BGF):
- Baulos 3: 838 m2 -> 838 m2
- Baulos 4: 1.621 m2 ->1.725 m2
Zustand/ Ausstattung Bestand:
- Ehemaliges Industriequartier (Landmaschinenhersteller Epple-Buxbaum) aus dem frühen 20. Jahrhundert, teilweise Zerstörung der Gebäude während des 2. Weltkrieges, danach einfach gehaltener Wiederaufbau der zerstörten Teile.
Motiv für die Sanierung
Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:
- Gebäudebestand erfüllt die Erwartung an ein modernes Dienstleistungsgebäude nicht, da weder sommerlich, noch winterlich ein adäquater Arbeitsplatzkomfort (Raumtemperatur, Frischluftzufuhr, Raumaufteilung) gegeben ist.
Anlass für die Sanierung:
- Entschluss zur Revitalisierung des gesamten Standortes Fronius Wels, als Signal für die Präsenz des Unternehmens im Stadtkern und Hebung der Arbeitsplatzqualität für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ziele
Wünsche/Ziele Bauherr:
- Energieautonome Revitalisierung eines innerstädtischen Industriequartiers unter Reduktion der Primärenergiekennzahl, Erhalt und effiziente Modernisierung des Altbestandes, Komfortgewinn und Steigerung der Behaglichkeit.
Ziele Planer:
- Hochwärmegedämmte luft- und winddichte Gebäudehülle
- Plusenergiekonzept
- Reduktion der CO2-Emission um 95%
- Reduktion des Primärenergieverbrauches
- Erhalt der Außen- Backsteinfassade bei Baulos 3 (Innendämmung)
Maßnahmen
Gebäudehülle
Bauteilaufbauten:
- Baulos 3:
- Innenwanddämmung 12 cm Zellulose (Erhaltung der Backsteinfassade)
Erneuerung der Dachkonstruktion mit Wärmedämmung U-Wert Dach = 0,1 W/(m2K)
Dämmung des erdanliegenden Fußbodens mit 40cm Schaumglasschotter
- Innenwanddämmung 12 cm Zellulose (Erhaltung der Backsteinfassade)
- Baulos 4:
- Fassade: Wärmedämmverbundsystem U = 0,13 W/(m2K)
Dämmung zu unbeheiztem Keller mit Phenolharz- und Trittschalldämmplatten U = 0,18 W/(m2K)
Dämmung des erdanliegenden Fußbodens mit 40cm Schaumglasschotter
- Fassade: Wärmedämmverbundsystem U = 0,13 W/(m2K)
Baustoffe:
- Zellulose,
- Schaumglasschotter,
- Phenolharzdämmplatten
Fensterqualität:
- Holz-Alu-Fenster 3-Scheiben Isolierverglasung U = 0,5 W/m2K
passivhauszertifiziert
Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:
- Fenstereinbau in die Dämmebene,
- gedämmte Attika,
- weitgehende seitliche Schirmdämmung der Bodenplatte
Luftdichtigkeitskonzept:
- Konsequente Führung der luftdichten Hülle zu allen Anschlüssen (Fenster- und Bauteilanschlüsse),
- Überprüfung der fachgerechten Ausführung durch die örtliche Bauaufsicht,
- Prüfung durch Luftdichtigkeitstest während der Bauphase.
Haustechnik
Heizung:
- Hackgut Biomassekessel
- Geothermie (Tiefensonden)
- dezentrale reversible Wärmepumpe
Kühlung:
- Geothermie (Tiefensonden)
- dezentrale Kompressionskältemaschine
- dezentrale reversible Wärmepumpe
Lüftung:
- Außenluft-Vorwärmung aus Abwärme Serverraum
- Geothermie (Tiefensonden): Vorwärmung
Elektro:
- Photovoltaikanlage
- tageslichtoptimierte Beleuchtung
Regelungstechnik:
- Zentrale Gebäudeleittechnikanlage (EIB Bus)
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:
- Tageslichtgeregelte Kunstlichtanlage
Abwärmenutzung:
- Abwärme Serverraum zur Außenluft-Vorwärmung
Nutzung erneuerbarer Energiequellen:
- Geothermie (Tiefensonden)
- Photovoltaikanlage
Besondere Lösungen:
- Kombinierte Deckenheizung/-kühlung
- 3 E-Mobil Tankstellen in der neuen Tiefgarage
Ergebnisse
Kennzahlen
Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.
Heizwärmebedarf HWB/vorher:
- Baulos 3: 199 kWh/(m2a)
- Baulos 3: 24 kWh/(m2a)
Heizwärmebedarf HWB/nachher:
- Baulos 4: 157 kWh/(m2a)
- Baulos 4: 15 kWh/(m2a)
Folgende Werte gelten für das sanierte Gebäude:
Kühlbedarf:
- Baulos 3: 57,37 kWh/(m2a)
- Baulos 4: 52,95 kWh/(m2a)
Spezifische Heizlast:
- 25 W/m2
- Spezifische Kühllast:
- 35 W/m2
CO2 Einsparung pro Jahr:
- 126 Tonnen/Jahr
Investitionskosten:
- Beantragte gesamte Investitionskosten € 891.722,00; Als Basis bleiben umweltrelevante Kosten von € 775.796,00
- Förderungen:
- Daraus errechnet sich die Fördersumme von € 232.739,00
- Forschungsförderung im Rahmen des Programms „Haus der Zukunft Plus˝ des bmvit bzw. der FFG für innovative Bau- und Anlagenteile sowie Messtechnik für intensives Anlagenmonitoring
Kosten je m2 BGF:
- Ca. 1.300,- €/m2
Dokumentation
Planung:
- Schema Energiekonzept: Siehe Downloads in der rechten Spalte
Bauphase:
- Sommer 2007: Start der Revitalisierung mit Einbau eines neuen Betriebsrestaurants
- Herbst 2007: Start der Sanierung des Baulos 1 (Bürogebäude Froniusstraße)
- Jänner 2008: Start Bauarbeiten für Baulos 2 (Tiefgarage und Tiefensondenanlage)
- April 2008: Errichtung der 7km Tiefensondenanlage
- Sommer 2008: Besiedelung des Baulos 1 (Bürogebäude Froniusstraße)
- März 2009: Start Sanierung Baulos 3 (Bürogebäude Buxbaumstraße Süd)
- Sommer 2009: Start Neubau Baulos 5 (Bürogebäude Buxbaumstraße Mitte)
- Herbst 2009: Besiedelung des Baulos 3 (Bürogebäude Buxbaumstraße Süd)
Saniertes Gebäude:
- Das Objekt wird im Rahmen einer „Haus der Zukunft”-Studie messtechnisch untersucht und ausgewertet.
Persönliche Erfahrungen
Planungs-/Bauphase
Bericht zum Planungsprozess:
- Das Planungsteam (Architekt=Generalplaner, Statik, Haustechnik, Energieplaner, Geotechnik, Bauphysik und örtliche Bauaufsicht) war in ähnlicher Zusammensetzung bereits für 2 andere „Leuchtturmprojekte“ im Bereich der energieeffizienten Gebäude gemeinsam tätig und ist aus der Erfahrung heraus im gemeinsamen Abwickeln von komplexen Projekten geübt. Dadurch wurde die Zusammenarbeit wesentlich vereinfacht, es mussten keine neuen Kommunikationskanäle bzw. persönlichen Beziehungen aufgebaut werden.
Hindernisse im Planungsprozess:
- Das Ansuchen um wasserrechtliche Genehmigung einer thermischen Grundwassernutzung im größeren Umfang zur Kühlung bzw. Heizung des Gebäudekomplexes wurde planerisch geprüft und mangels Aussicht auf Bewilligung wieder fallengelassen. Hindernis ist die bereits existierende Wärmefahne eines Büro- und Gewerbekomplexes im Grundwasser – Zustrombereich des Grundstücks (ist jedoch kein direkter Nachbar), der im Sommer eine weitere thermische Nutzung verunmöglicht.
Empfehlungen:
- Eingespieltes Team mit gemeinsamen Referenzen für die Planung.
Nutzung
Hohe Nutzerzufriedenheit im ähnlich gelagerten, bereits seit 2008 besiedelten Baulos 1.
Baulos 3 wurde im Winter 2009/10 besiedelt, Baulos 4 ist noch in Bau bis 2011.