Einzelunternehmer Divjak und Seidl, Graz – in Umsetzung

26.10.2020
Saniert Ansicht 2

Executive Summary

Das Gebäude, das ursprünglich eine Spielzeugfabrik war, wurde 1955 errichtet. Nach der Sanierung wird es als Dienstleistungsgebäude mit Schwerpunkt „Energiearbeit“ genutzt.

Frau Divjak (Energetikerin) wird hier Einzelberatungen, Körperarbeit und Seminare veranstalten. Herr Seidl wird Besprechungen und Vorträge zum Thema energieeffizientes und ökologisches Bauen durchführen. Neben der thermischen Sanierung mit Passivhauskomponenten wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und eine Sole- Wasser-Wärmepumpe eingebaut.

Als Wärmequelle dient eine Tiefenbohrung, die auch zur sommerlichen Kühlung im direct-cooling Betrieb genutzt wird. Die Wärmeabgabe erfolgt raumseitig über Wandheizung, deren niedere Vorlauftemperatur die Effizienz der Wärmepumpe steigert. Der Strombedarf wird durch Einbau von LED- und Energiesparlampen gesenkt und der verbleibende Strombedarf von einer neu installierten 36m2 großen PV-Anlage gedeckt.

Ausgangszustand

Eigentümer/ Betreiber:

  • Iris Divjak und Josef Seidl

Ansprechpartner / Kontaktpersonen:

  • Josef Seidl

Standort:

  • A-8053 Graz, Frühlingstraße 4

Gebäudetyp:

  • Büro- und Seminarhaus

Errichtungsjahr Bestandsgebäude:

  • 1955

Zustand/ Ausstattung Bestand:

  • Die Eigentümer haben das Objekt vor der Sanierung erworben, um dem Raumbedarf zur selbstständigen Berufsausübung Platz zu geben. Das Bestandsobjekt war zuvor ein gewerblich genutztes Gebäude, das ursprünglich eine Spielzeugpuppenmanufaktur beherbergte. Es wies eine intakte Bodenplatte und verwendbare Grundmauern auf, die gesamte statische Struktur konnte übernommen werden.

Motiv für die Sanierung

Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:

  • Die Bausubstanz war in keiner Weise für die Zwecke Büro- und Seminarnutzung geeignet und wurde deshalb einer umfassenden Sanierung unterzogen.

Ziele

Wünsche / Ziele Bauherr Ökologie/ Energieeffizienz/ Komfort:

  • Errichtung eines baubiologisch und – ökologischen Musterprojekts für die Gebäudesanierung. Das Projekt soll auch zu Demonstrationszwecken dienen, da der Bauherr auch als Bau- und Energieberater tätig ist.
  • Sanierung unter Verwendung von Passivhauskomponenten für die Gebäudehülle mit dem Ziel der Senkung des Heizwärmebedarfs um Faktor 10 gegenüber dem Bestand.
  • Einbau einer hocheffizienten Komfortlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Ziele Planer:

  • Mit der Fassadengestaltung/ Materialwechsel Putzfassade weiss und Lärchenholzschalung soll ein leichtfüßiger Gesamteindruck geschaffen werden

Maßnahmen

Gebäudehülle

Bauteilaufbauten:

  • Außenwand nicht hinterlüftet mit 28-30 cm Zellulosedämmung U=0,16 W/(m2K)
  • Dachkonstruktion: mit 37cm Polystyrol U=0,08W/(m2K) Änderung: Am Dach im Schnitt 40 cm Automatenplatte (EPS)

Baustoffe:

  • Zellulose- Recyclingdämmung zwischen Holz I-Stegträgeren, Putzträgerplatte aus Glasrecyclingwerkstoff, teilweise Holzschalung, Dach Polystyroldämmung, Recycling von Abbruchmaterial auf der Baustelle: z.B. Betonabbruch wurde zu Unterlagsmaterial verarbeitet

Fensterqualität:

  • 3 Scheiben Wärmeschutzverglasung Uw<0,9W/(m2K)

Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:

  • Perimeterdämmung, überdämmte Fensterrahmen, thermisch getrennte Attika

Luftdichtigkeitskonzept:

  • Abdeckleisten anstatt Klebeband bei seitlichem und oberem Fensteranschluss

Haustechnik

Heizung:

  • Die Wärmeerzeugung erfolgt über eine Sole- Wärmepumpe, als Wärmequelle wird eine Tiefenbohrung verwendet, die Wärmeabgabe erfolgt über Wandheizung

Kühlung:

  • Die Wärmepumpe verfügt über eien Free Cooling Funktion zum Beschicken der Wandheizung mit erdreichtemperiertem Kühlwasser

Lüftung:

  • Einbau Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Sanitär:

  • Warmwasserbereitung erfolgt ebenso wie Heizung über die Wärmepumpe

Elektrik:

  • Optimiertes Beleuchtungssystem: Einbau von LED- Leuchtmitteln in Kombination mit Halogenlicht

Solaranlage:

  • Photovoltaikanlage mit rund 36m2. Neben der PV Anlage mit 4,3 KWp gibt es 4m2 Warmwasser-Solaranlage

Energieeffizienz

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:

  • Beleuchtungsoptimierung

Abwärmenutzung:

  • Über die Lüftungsanlage

Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:

  • Umgebungswärmenutzung aus dem Erdreich über die Wärmepumpe, Solarstromanlage

Besondere Lösungen:

  • Vor-Ort-Recycling von Baustoffen spart graue Energie für Herstellung und Transport

Ergebnisse

Kennzahlen

Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.

Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen

Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.

Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.

Heizwärmebedarf/ vorher:

  • 531 kWh/(m2a)

Heizwärmebedarf/ nachher:

  • 43 kWh/(m2a)

Folgende Werte gelten für das sanierte Gebäude:

Kühlbedarf:

  • 0,42 kWh/(m3a)

Spezifische Heizlast:

  • 30,9 W/m2

Erwartete CO2- Einsparung:

  • 27 t/a

Erwartete Kosteneinsparung im Betrieb:

  • 6.630 EUR/a

Amortisationszeit:

  • 19 Jahre

Kosten

Investitionskosten:

  • 125.000,- EUR (Sanierungskosten für Seminar-u.Büroteil liegen bei 150 – 160.000,00 EUR)

Einsparungen im Betrieb:

  • 6.600,- EUR/a

Förderungen:

  • 17.000,- EUR

Kosten je m2 BGF:

  • 1.210,- EUR/ m2 BGF

Dokumentation

Bauphase

Chronologie/ Bautagebuch:

  • Sommer 2011Baubeginn – Abbruch
  • Winter 2011/12 Rohbauarbeiten
  • Frühling 2012: Fertigstellung der Außenarbeiten
  • Herbst 2012:Fertigstellung Innenausbau + Bezug

Persönliche Erfahrungen

Planungs-/Bauphase

Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):

  • Die Grundsatzfrage am Beginn lautete wie oft bei einem Sanierungsvorhaben: Abbruch oder Revitalisierung? – Durch eingehende Prüfung der Grundsubstanz des Bauwerks und positiven Befund über den Erhaltungszustand wurde die Entscheidung zur Sanierung gefällt.
  • Im Vergleich zum Neubau konnte dadurch eine Verzehnfachung der zu transportierbaren Baumassen vermieden werden (Teilabriss + Baumaterialzulieferung: ca. 100t Baumassen; Schätzung für kompletten Abbruch: Transportmenge ca. 800-1000t)
  • Die planerische Begleitung durch eine Architektin sowie einen Energieberater machte sich durch die Ergebnisse der fachkundigen Beratung bezahlt.
  • Der ursprünglich geplante Außenwandaufbau mit Mineralschaumplatten konnte nicht realisiert werden, da der Hersteller keine Gewährleistung aufgrund der Gefahr von Setzungen des Gebäudes (Befürchtet aufgrund sichtbarer Haarrisse in der Außenwand) und in Folge Rissen in der Dämmebene zusagen konnte. Deswegen wurde in der Planung auf eine Zellulose- Dämmung umgestellt. Diese wurde ohne Hinterlüftung und mit Glasrecycling- Putzträgerplatte eingeplant, wobei die in diesem Aufbau kritische winterliche Wasserdampfdiffusion mithilfe Simulationsrechnungen des Dämmstoffherstellers modelliert und für realisierbar erachtet wurde.
  • Der Titel Mustersanierung spornte alle beteiligten Firmen zu besonderen Leistungen an, da die Publikation und Dokumentation einen zusätzlichen Benefit ergeben.

Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):

  • Durch frühzeitige Einbeziehung der Anrainer/innen in den Sanierungsprozess konnten deren Bedenken ausgeräumt, deren Neugierde befriedigt und die Abwicklung ohne störende Konflikte durchgeführt werden

Empfehlungen:

  • Der Bauherr/ die Baufrau sollten während der Baumaßnahmen möglichst viel selbst bzw. durch einen fachkundigen und entscheidungsbefugten Vertreter auf der Baustelle präsent sein, da durch unvorhersehbare Entdeckungen während der Sanierung kurzfristige Entscheidungen zu treffen sind, deren Verschiebung entweder Stillstand der Arbeiten oder Mehrkosten durch fehlgelenkte Baumaßnahmen verursachen würde.

Nutzung

Nutzungskomfort/ Erfahrungen:

  • Gebäude ist noch nicht bezogen (Stand Sommer 2012)

Energieausweise

Ihre Ansprechpersonen

Kontakt Iris Divjak und Josef Seidl Josef Seidl josef.seidl@gmx.at Frühlingstraße 4,
A-8053 Graz