Bürgerzentrum Böheimkirchen – Umgesetzt
27.10.2020Executive Summary
Bei dem Projekt Bürgerzentrum Böheimkirchen handelt es sich um eine Sanierung und Erweiterung des bestehenden Rathauses in Böheimkirchen. Das Bestandsgebäude stammt teilweise aus dem Jahr 1750, hat eine Bruttogrundfläche von 754m² und weist eine historisch äußerst wertvolle Fassade auf. Diese blieb auch nach Sanierung erhalten.
Bei der Sanierung wurden hauptsächlich Passivhauskomponenten verbaut. Die Konditionierung des Gebäudes erfolgt nach der Sanierung zu einem großen Teil mittels Betonkernaktivierung , wobei die Wärme mit Fernwärme bereitgestellt wird. Für das Free-Cooling-System wird Energie direkt aus den Gebäudefundamenten (Energiepfähle) entnommen. Über eine Sole/Wasser-Wärmepumpe kann zusätzlich Kälte erzeugt werden.
Im sanierten Bestandsgebäudeteil sind das Bauamt, Standesamt, die Räumlichkeiten des Bürgermeisters, Büros und notwendige Nebenräume untergebracht und ein behindertengerechter Aufzug wurde eingebaut. Im Erweiterungsteil sind Räume für die Besucher, die Gemeindearbeit und größere Menschenversammlungen angeordnet.
Ausgangszustand
Gebäude
Eigentümer/ Betreiber:
- Marktgemeinde Böheimkirchen
Ansprechpartner / Kontaktpersonen:
- Mag. (FH) Hannes Stelzhammer, Energy Changes Projektentwicklung GmbH
Architekt:
- NMPB Architekten ZT GmbH
Getreidemarkt 11, 1060 Wien
http://www.nmpb.at/
Standort:
- Marktplatz 2, 3071 Böheimkirchen
Gebäudetyp:
- Rathaus bzw. Bürogebäude
Errichtungsjahr:
- 1750
Größe (BGF):
- 754 m2
Zustand/ Ausstattung Bestand:
- Rathaus mit teilweise historischer Fassade
- Sanierung und Erweiterung zu einem modernen Bürgerzentrum
Motiv der Sanierung
Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:
- Das Bestandsgebäude entsprach nicht mehr den aktuellen Anforderungen
Ziele
Vision
Wünsche / Ziele Bauherr Ökologie/ Energieeffizienz/ Komfort:
- Neben der Notwendigkeit innerhalb der nächsten Jahre das Gebäudes einer Sanierung zu unterziehen, waren die primären Ziele sicherlich jene der Energieeinsparung und der Schaffung eines angenehmen Arbeitsumfeldes für die Gemeindebediensteten. Die Vorbildwirkung in der Öffentlichkeit hat dabei auch eine wesentliche Rolle gespielt. Im Folgenden werden die wichtigsten Ziele noch einmal aufgezählt:
- Senkung des Energieverbrauches
- Komfortgewinn für die Gemeindebediensteten durch homogenere Oberflächentemperaturen und dadurch Steigerung der Behaglichkeit
- Erweiterung der Nutzfläche
- Verbesserte Frischluftzufuhr durch Kontrollierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung
- Vorbildwirkung für die Bevölkerung
- Mehr Energieunabhängigkeit durch die Nutzung von Erneuerbarer Energie
- Nachhaltige Energiezukunft wird von der Gemeinde gelebt
- Verbesserte und effizientere Innenraumbeleuchtung durch neue LED-Leuchten
Maßnahmen
Gebäudehülle
Bauteilaufbauten:
- Außenwand Bestand mit WDVS: zusätzliche Dämmung mit 10 cm EPS-F Plus
- Außenwand Bestand historische Fassade: 4 cm innenliegender Wärmedämmputz
- erdanliegende Wände: 16 cm XPS
- erdanliegender Boden: 16 cm XPS
- Der mittlere U-Wert kann durch die beschriebenen Maßnahmen von 1,05 auf 0,33 W/m2K reduziert werden.
Baustoffe:
- EPS-F Plus, XPS, Wärmedämmputz
Fensterqualität:
- Die Kastenfenster der historischen Fassade werden saniert indem innenseitig neue Innenflügel mit thermisch hochwertigen Holzrahmen und Verglasungen angebracht werden.
- An werden die Fenster gegen Holz-Alu Fenster mit 3-Scheiben Isolierverglasung in Passivhausstandard getauscht.
Haustechnik
Heizung:
- Fernwärmeanschluss an das Netz der REW Regional Energie Wienerwald e.Gen. und Sole/Wasser-Wärmepumpe (Regeneration der Energiepfähle)
Kühlung:
- Direkte Erdwärmenutzung „FreeCooling“ mittels Energiepfählen in Kombination mit einer Sole/Wasser Wärmepumpe und einem Kältespeicher. Entsprechend der geologischen Voraussetzung kann mit den Energiepfählen dem Untergrund Wärme entzogen und der Gebäudekühlung zugeführt werden. Deckenkühlsystem in Kombination mit einer Niedertemperatur-Fußbodenheizung.
Lüftung:
- zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnungsanlage. Die Energiebereitstellung zur Konditionierung der Zuluft erfolgt über einerseits über die Zentralheizungsanlage und andererseits über eine in das Gerät integrierte Wärmepumpe.
Elektrik:
- Erneuerung der Elektroinstallationen, Umstellung der Beleuchtung auf LED
Regelungstechnik:
- Frei programmier- und konfigurierbares DDC System für Sollwertvorgaben, Zeitschaltprogrammen, Datenablesung usw.
- Die Regelung der Raumkonditionen erfolgt über eine bedarfsabhängige Zuluft- und Raumtemperatur-Zonenregelung mit Luftqualitätsfühler und Absenk- sowie Aufheizfunktion.
Solaranlage:
- keine solare Energieerzeugung
Energieeffizienz
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung:
- Dämmung der Gebäudehülle
- Tausch der Fenster und Türen
- Installation von Energiepfählen mit Regeneration im Sommer
- Free-Cooling über Energiepfähle
- Beleuchtungsumstellung
Abwärmenutzung:
- Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Regeneration der Energiepfähle über Free-Cooling im Sommer
Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:
- Umgebungswärme
Besondere Lösungen:
- Free-Cooling über Energiepfähle
Ergebnisse
Kennzahlen
Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
Als Heizlast versteht man jene Wärmemenge die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.
Heizwärmebedarf/ vorher:
- 44,7 kWh/(m3.a) lt. Energieausweis (Referenzklima)
- bzw. 163,6 kWh/(m2.a) bez. auf Standortklima
Heizwärmebedarf/ nachher:
- 5,1 kWh/(m3.a) Referenzklima
- bzw. 13,4 kWh/(m².a) bez. auf Standortklima
Kühlbedarf/ vorher:
- 0,0 kWh/(m³a)
Kühlbedarf/ nachher:
- 0,0 kWh/(m³a)
Spezifische Heizlast:
- Vorher: 93,84 W/(m²BGF) bei BGF von 754 m²,
- Nachher: 43,79 W/(m²BGF) bei BGF von 754 m²
Erwartete CO2- Einsparung:
- 30,64 t/a
Kosten
Investitionskosten:
- Beantragte Investitionskosten: € 2.316.239,-
Einsparungen im Betrieb:
- Gesamte kalkulierte Energiekosteneinsparungen: ca. 6.000 €/a
Förderungen:
- Förderbasis: € 2.148.159,-
- Förderungen: € 212.870,-
Performance
Messungen im Rahmen der Qualitätssicherung Herstellung:
- Blower-Door-Test (Luftdichtheitstest)
- n50 = 0,56 1/h
Dokumentation
Planungsstart:
- Mai 2014
Baustart:
- April 2016
Fertigstellung:
- Dezember 2017
Persönliche Erfahrungen
Planungs- und Bauphase
Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):
- Die Anforderungen aus der Mustersanierung wurden im Planungsprozess frühzeitig eingebunden. Bei der Planung wurde berücksichtigt, dass möglichst viele regionale Unternehmen zum Einsatz kommen. Durch die Vergabe an einen Generalunternehmer konnte diese Anforderung sehr gut erfüllt werden. Darüber hinaus konnten Schnittstellen vermieden werden.
Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):
- Eine besondere Herausforderung war im Planungsprozess, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Um alle Anforderungen zu erfüllen musste die Planung einmal wesentlich angepasst werden.
Empfehlungen:
- Das Bundesdenkmalamt frühzeitig einplanen
- Mustersanierung frühzeitig einplanen
- Vergabe an einen Generalunternehmer erleichtert die Einbindung regionaler Firmen
Nutzung
Nutzungskomfort/ Erfahrungen:
- Der Nutzungskomfort konnte stark gesteigert werden. Es wurden die Fenster saniert, die Außenbauteile soweit wie möglich gedämmt und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Durch die Sanierung der Fenster konnte die Dichtheit des Gebäudes stark erhöht werden. Durch die Dämmmaßnahmen wurden die Oberflächentemperaturen erhöht. Diese Maßnahmen steigerten das Wohlbefinden. Durch die Lüftungsanlage ist die Querlüftung im Winter nicht mehr notwendig, was ebenfalls zur Erhöhung des Komforts beiträgt. Stark verbessert wurde weiters die Beleuchtung, was vor allem die Arbeit an den Computern verbessert und erleichtert. Es ist mit der Lüftungsanlage und der Wärmepumpe auch möglich, die Räume zu kühlen. Dies war bisher noch nicht notwendig erhöht aber bei Bedarf das Wohlbefinden wesentlich.