Bildungshaus Jägermayrhof – Umgesetzt

27.10.2020
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Executive Summary

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich (AK OÖ) setzte in Linz (OÖ) die Sanierung des Bildungshauses „Jägermayrhof“ um, welches um die Jahrhundertwende errichtet, in den 1950er Jahren umgebaut und 1972 erweitert wurde. Teile des Gebäudes stehen unter Denkmalschutz.

Die vier Bauteile haben bis zu zwei Geschoße inkl. Dachbodenausbau und sind zum Teil unterkellert. Im Zuge der Sanierung wurden Gebäudeteile abgebrochen und neu errichtet sowie andere Gebäudeteile dem Zustand entsprechend generalsaniert und die Nutzungsarten (Seminar-, Veranstaltung-, Büro-, Hotel-, Gastronomie- und Freizeitbereich) neu organisiert. Außerhalb des Gebäudes wurde außerdem eine Tiefgarage mit 49 Stellplätzen errichtet.

Das Gebäude wies bei den vier Bauteilen unterschiedliche Dachformen auf (Satteldach, Flachdach) welche im Rahmen der Sanierung teilweise neu aufgebaut und gedämmt wurden. Die Außenwände wurden mit einem Wärmedämmverbundsystem bzw. mit einer hinterlüfteten Fassade mit Steinwolle gedämmt sowie die Fenster getauscht. Die Außenwände des unter Denkmalschutz gestellten Gebäudeteils wurden nicht thermisch saniert.

Das Gebäude wurde zuvor mit zwei Gaskesseln beheizt. Nach der Sanierung wird nun das Gebäude über eine Kombination aus Pelletskessel, Luft/Wasser W��rmepumpe, thermischer Solaranlage sowie PV-Anlage und einer konventionellen Kältemaschine konditioniert.

Ausgangszustand

Gebäude

Eigentümer/ Betreiber:

  • Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich

Ansprechpartner / Kontaktpersonen:

  • Ing. Stefan Hanl

Architekt und techn. Planer:

  • ARGE DELTA Ziviltechniker GmbH – Dornstädter Architekten ZT GmbH

Standort:

  • Römerstraße 98, 4020 Linz

Gebäudetyp:

  • Hotel – Bildungshaus Jägermayrhof

Errichtungsjahr Bestandsgebäude:

  • 1900 / 1972

Größe (BGF) vor der Sanierung:

  • 3.480,0 m2

Größe (BGF) nach der Sanierung:

  • 4.147 m2

Zustand/ Ausstattung Bestand:

  • Um das Gebäude weiterhin für Bildungs- und Kulturarbeit optimal einsetzen zu können, bedurfte es in seiner Gesamtheit einer Generalsanierung. Vor allem die Haustechnik des Altbaus wies dringenden und umfassenden Sanierungsbedarf auf.

Motiv für die Sanierung

Mängel/ Schwachstellen/ Probleme im Bestand:

  • Nutzungsanpassungen und Neuorganisation der Nutzungen, Errichtung von PKW-Stellplätzen, Energieeffizienzsteigerungen

Ziele

Ziele des Bauherrn:

  • Durch die Schonung natürlicher Ressourcen und einer Verringerung der Umweltbelastung, der Optimierung der Kosten über den gesamten Lebenszyklus sowie dem Wohlbefinden der Nutzer und die Nutzerqualität des Gebäudes sollte der Jägermayrhof langfristig als Bildungshaus optimal betrieben werden können.

Kennzahlen

Erklärung der Kennzahlen:

  • Der spezifische Heizwärmebedarf beschreibt die erforderliche Wärmemenge pro Quadratmeter beheizte Bruttogeschossfläche, die ein Gebäude an einem bestimmten Ort (Klima) oder bei einem Referenzklima pro Jahr benötigt, um die Innenraumtemperatur auf 20 Grad Celsius zu halten.
  • Der Kühlbedarf ist diejenige Nutzenergie, die nötig ist, um die Räume eines Gebäudes beim Auftreten von Überwärmung auf die gewünschte Soll-Temperatur zu kühlen.
  • Als Heizlast versteht man jene Wärmelast die notwendig ist, um den Wärmeverlust von Räumen auszugleichen.
  • Die Kühllast ist eine aus einem Raum abzuführende Wärmelast, die notwendig ist, um einen vorgegebenen Raumluftzustand zu erreichen oder zu erhalten.

Heizwärmebedarf/ vorher:

  •  22,5 kWh/(m3a) lt. Energieausweis im Altbau
  • 31,3 kWh/(m3a) lt. Energieausweis im Bürotrakt

Heizwärmebedarf/ nachher:

  •  6,7 kWh/(m3a)  lt. Energieausweis

Kühlbedarf/ vorher:

  • 0,0 kWh/(m3a)

Kühlbedarf/ nachher:

  • 0,4 kWh/(m3a)

Spezifische Heizlast Vorher:

  • 290,7 kW, entspricht 66,39 W/(m2BGF) bei einer BGF von 3.480 m2

Nachher:

  • 183,4 kW, entspricht 44,24 W/(m2BGF) bei einer BGF von  4.147 m2

CO2- Einsparung:

  • 230,7 t/a; -90%

Maßnahmen

Gebäudehülle

Bauteilaufbauten:

  • Außenwände wurden teilweise mit WDVS gedämmt, teilweise hinterlüftet (U-Wert 0,09 – 0,17 W/m²K)
  • Bestehende Flachdächer wurden bis auf die tragende Betondecke abgetragen und mit 35 cm EPS im Gefälle gedämmt (U-Wert 0,1 W/m²K)
  • Erdanliegender Fußboden im Keller wurde mit gebundenem EPS-Granulat und Trittschalldämmung neu aufgebaut (U-Wert 0,15 – 0,17 W/m²K)
  • Erdanliegenden Wände wurden mit einer Perimeterdämmung (XPS) von 10 -16 cm saniert (U-Wert 0,2 W/m²K)
  • Im Altbau wurde die oberste Geschoßdecke mit einer EPS-Schüttung und Polystyrol Hartschauplatten gedämmt, womit ein U-Wert von 0,13 – 0,17 W/m²K erreicht wird.
  • Das Steildach des Altbaus wurde neu aufgebaut und mit 20 cm Steinwolle gedämmt und erreicht einen U-Wert von 0,2 W/m²K.
  • Die Außenwände des Altbaus stehen unter Denkmalschutz und blieben unverändert.

Fensterqualität:

  • Tausch der Fenster auf 3-fach-Wärmeschutzverglasung mit einem Ug-Wert von 0,6 W/m²K
  • Einbau außenliegenden Raffstores und innenliegender Blendschutzrollos

Vermeidung von Wärmebrücken, Anschlussdetails:

  • Achten auf wärmebrückenfreien Einbau der Fenster

Luftdichtigkeitskonzept:

  • Das Luftdichtigkeitskonzept wurde im Zuge der Sanierung verbessert.
  • Blower-Door-Test (Luftdichtheitstest) Ergebnis: n50 ≤ 0,74  h-1

Haustechnik

Heizung:

  • Zwei verschiedene Heizungssysteme, werden je nach Wärmeanforderung angesteuert:
    • Zwei Pelletskessel mit je einer Teillast je 40,5 kW und einer Nennlast je 135 kW, stellen Wärme (37 kWth) für die Warmwasserbereitung und Gebäudeheizung bereit.
    • Zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen mit einer Leistung von je 60 kW decken einen weiteren Teil des Wärmebedarfs für die Gebäudebeheizung ab.
    • Für die Spitzenlastabdeckung stehen die Pelletskessel mit einer Leistung von 270 kWth zur Verfügung
  • Die Wärme wird über neue Leitungen in den Bauteilen verteilt und sowohl über Radiatoren und Konvektoren (Allgemein- und Nebennutzflächen) als auch über Fußbodenheizungen (Hauptnutzflächen) an die Räume abgegeben.

Kühlung:

    • Kompressionskältemaschine mit einer Kälteleistung von 247 kWth
    • Luft-Wasser-Wärmepumpen können reversibel betrieben und mit einer Kühlleistung von je 72 kWth zur Kältebereitstellung eingesetzt werden
    • Splitklimaanlagen für die Serverräume.
  • Die Kälteverteilung erfolgt über Fan Coils und die Fußbodenheizung.

Lüftung:

  • Die Be- und Entlüftung der Räume erfolgt über zentrale Lüftungsgeräte. Die Wärmerückgewinnung erfolgt über Rotationswärmetauscher mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von 70-80%. Alle Geräte sind als Teilklimageräte mit Heizfunktion ausgerüstet.

Warmwasser:

  • Die drei Heizungssysteme, die für die Raumwärmeerzeugung eingesetzt werden, erzeugen zentral auch das Warmwasser für die Küche und den Hotelbetrieb. Die restlichen Bauteile werden dezentral mit Warmwasser versorgt.

Elektrik:

  • Die Beleuchtung wurde großteils auf LED-Leuchten umgestellt. Der Strombedarf für die Beleuchtung kann dadurch von ca. 200.000 kWh/a auf ca. 70.000 kWh/a gesenkt werden.
  • Der Stromverbrauch wird teilweise über PV, der Rest aus Ökostrom aus dem Netz gedeckt.

Regelungstechnik:

  • Ein Gebäudeautomationssystem wurde installiert.

Solaranlage:

  • Es wurde ein thermische Solaranlage (ca. 23 m², 3000 l Speicher) und eine PV-Anlage (29,6 kWp) realisiert.

Energieeffizienz

Abwärmenutzung:

  • Die Lüftungsanlagen sind mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.

Nutzung Erneuerbarer Energiequellen:

  • Umweltwärme aus der Umgebungsluft für die Wärmepumpen, Pellets und Solarenergie (thermisch wie elektrisch). Der Anteil erneuerbarer Energieträger beträgt nach Sanierung 100%.

Ergebnisse

Kosten

Investitionskosten:

  • Beantragte Investitionskosten: € 1.931.507,00
  • Umweltrelevante Investitionskosten: € 1.752.207,00

Förderungen:

  • Förderbasis: € 1.355.731,00
  • Förderungen: € 516.284,00

Persönliche Erfahrungen

Planungs- und Bauphase

Bericht zum Planungsprozess (Zusammenarbeit der Akteure, Schwierigkeiten, best practice Beispiele):

  • Durch die Wahl eines GU+ Modells wurden die Ausführungsplanungen dem Generalunternehmer überbunden.
  • Die durch die Planer des Bauherrn erstellten Unterlagen (Einreichungs- bzw. Ausschreibungsstand) wurden an die Planer des GU übergeben und von diesen weiter bearbeitet und optimiert. Durch die Beteiligung von meist zwei Planern pro Fachrichtung entstanden viele angeregte Diskussionen zwischen Vorplanern und Ausführungsplanern und konnten optimale Ergebnisse erzielt werden.
  • Auch die oft befürchtete fehlende Loyalität von Planern des GU zum Bauherrn blieb aus. Es wurde auf partnerschaftlicher Basis versucht, dass für das Projekt beste Ergebnis zu erreichen.
  • Großen Anteil neben engagierten Architekten und Fachplanern hat dabei die laufende Miteinbeziehung des Bauherrn und seinen Betreiberkonzepten in die Planungsprozess. Ein Aufwand der sich – nicht zuletzt durch den Entfall von späteren Umbauten zur Korrektur von Planungsfehlern – für alle lohnt.

Hindernisse im Planungsprozess (Genehmigungen/ Behörden/ Anrainer/…):

  • Der Bauherr hat sich schon sehr früh intensiv mit den Anforderungen an das neue Objekt beschäftigt. Die daraus gewonnen Erkenntnisse flossen in die Planung ein und verhinderten große Verzögerungen durch zu späte Entscheidungen seitens des Betreibers.
  • Die Bewilligungen konnten zwar nicht vor der Veröffentlichung der Ausschreibung erlangt werden, es gelang jedoch vor Zuschlag an den Bestbieter und so konnten die Behördenauflagen in die Vergabe letztendlich noch einfließen. Ein Einspruch mit nicht aufschiebender Wirkung eines Anrainers zur Betriebsanlagenbewilligung wurde parallel zur Rohbauphase am LVwG verhandelt und letztendlich zurückgezogen.
  • Größte Herausforderung war die Erkenntnis nach nur einem Monat Bauzeit, dass die Substanz des historischen Bauteils nicht den Annahmen entsprach. Dieser Umstand wurde trotz mehrerer Erkundungen durch den Umstand hervorgerufen, dass das Seminarhaus bis zur Aussiedlung kurz vor Baubeginn im Vollbetrieb war und daher keine großflächigen Öffnungen erfolgen konnten. Die Situation wurde analysiert, mit dem GU mehrere Varianten zur Sanierung ausgearbeitet und eine zeitnahe Entscheidung getroffen. Die umfangreichen Mehrarbeiten wurden vom GU unter Einhaltung des Gesamtfertigstellungstermins erledigt.

Empfehlungen:

  • Die finanzielle Unterstützung von Bauherren bei der Umsetzung von Vorzeigeprojekten im Bereich der thermischen und energetischen Sanierung durch die Mustersanierung ist sehr zu begrüßen. Die Umsetzung und Abwicklung des Förderverfahrens stellt jedoch den Fördernehmer, aber auch die mit der Abwicklung von Förderungen vertrauten, fachlichen Konsulenten vor teils unlösbare Herausforderungen.
  • Für komplexe Bauvorhaben, die das Vertragsmodell GU+ mit Pauschalauftragssumme anwenden, gibt es keine Vorgaben zur Abrechnung. Eine Abrechnung wie in den klassischen Vertragsmodellen nach tatsächlichen Aufwand ist bei Modellen mit Übertragung des Massenrisikos auf den Auftragnehmer nicht möglich.
  • Somit stellt sich die Frage, nach welchen Zahlen die Abrechnung zu erfolgen hat. Die Beantwortung dieser Frage blieb bis zuletzt offen. Dadurch spiegelt das Ergebnis der Abrechnung die tatsächlichen Investitionskosten nur annähernd wider.
  • Vorgaben für die Abrechnung nicht nur für die klassischen Vertragsmodelle, würden sehr viel Klarheit für alle Projektbeteiligten bringen und Kosten durch Mehrfachabrechnungen sparen.

Nutzung

Nutzungskomfort/ Erfahrungen:

  • Von Seiten der Nutzer gibt es ausschließlich positive Rückmeldungen.
  • Gut durchdachte Raumverhältnisse und äußerst behagliches Raumklima bieten optimale Voraussetzungen für den Seminar- und Hotelbetrieb.
  • Die sonst bei Inbetriebnahme üblichen Beschwerden von Nutzern blieben durch die umfangreiche Steuerung und das von der Förderstelle vorgeschriebene Monitoring aus.

Energieausweise & Planung

Ihre Ansprechpartner

Kontakt Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich Ing. Stefan Hanl hanl.s@akooe.at Volksgartenstraße 40,
A- 4020 Linz